Debatte im Landtag: Warum SH nicht plant wie Dänemark
Das Land will Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Verkehrsminister Madsen hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Dass Schleswig-Holstein damit dänisches Tempo erreichen kann, bezweifelt die Opposition.
Dass der gebürtige Däne Claus Ruhe Madsen (CDU) etwas dafür übrig hat, Probleme auf die dänische Art zu lösen, überrascht nicht. Der mittlerweile schleswig-holsteinische Verkehrsminister stellt mit Blick auf die Planungen zur festen Fehmarnbeltquerung fest: "Irgendwas wurde in Dänemark besser gemacht als bei uns."
Denn die Dänen hätten schon fünfeinhalb Jahre vor den Deutschen Planungsrecht gehabt. In Dänemark habe es 42 Einwendungen gegeben, in Deutschland 16.000.
SSW will grundlegende Änderung bei Planungen
Aus genau diesem Grund hat der SSW in einem Antrag gefordert, das Land solle sich beim Bund dafür einsetzen, nach dänischem Vorbild zu planen. Nämlich mit der sogenannten Legalplanung, bei der Infrastrukturmaßnahmen per Gesetz beschlossen, und nicht über ein Verwaltungsverfahren genehmigt werden. "Eine Planung auf Gesetzesgrundlage wie in Dänemark schafft schon ganz am Anfang eine Planungssicherheit und sie minimiert dabei schon im Vorwege Konflikte", sagt Lars Harms, der SSW-Fraktionsvorsitzende.
Einsprüche sind nach seinen Worten dann zwar auch noch möglich: "Allerdings ginge es dann nur noch um die Art und Weise der Umsetzung des Projektes mit entsprechenden Ausgleichsmöglichkeiten. Und nicht mehr um das Projekt an sich." Entscheidend fürs Tempo findet Harms aber, dass Betroffene frühzeitig eingebunden werden.
Rechtliche Bedenken gegen dänisches Modell
Letzteres will sich auch Claus Ruhe Madsen zum Vorbild nehmen. Und auch er meint, dass Verfahren mittels der Legalplanung durchaus beschleunigt werden könnten. Aber: Ein entsprechendes Bundesgesetz sei wieder aufgehoben worden, weil es nach Ansicht der EU-Kommission gegen Europarecht und Völkerrecht verstoße, sagt der Verkehrsminister. "Und zwar deshalb, lieber SSW, weil man als Rechtsschutzmöglichkeit nur die Verfassungsbeschwerde ermöglicht hat. Es sollte nur klagen, wer unmittelbar betroffen ist. Naturschutzverbände also nicht."
Madsens Vorgänger Bernd Buchholz (FDP) kann davon ein Lied singen: Er berichtet vom mühsamen Versuch, den zweispurigen Ausbau der Bahnstrecke Niebüll-Klanxbüll über die Legalplanung zu realisieren. Das "hat uns ein Vertragsverletzungsverfahren der europäischen Kommission eingebracht", sagt Buchholz. Das Gesetz musste aufgehoben werden.
Buchholz teilt gegen Naturschützer und Grüne aus
Eigentlich ist auch Buchholz ein Befürworter der Legalplanung, befürchtet aber, dass die EU-Kommission auch in Dänemark bald genauer hingucken wird. Und: Das Parlament bekomme im Falle so einer Regelung dann eine viel größere Verantwortung, warnt Buchholz. Der Landtag müsste dann all das prüfen, was sonst eine Planfeststellungsbehörde prüft. "Und das ist richtig viel Arbeit."
Buchholz sieht aber noch einen anderen Grund, warum in Dänemark schneller die Bagger rollen: Es gebe dort keine "Fundamentalopposition." Und meint damit etwa die Naturschutzverbände - die aus seiner Sicht in Dänemark deutlich kompromissfreudiger sind als in Schleswig-Holstein. Auch die Grünen bremsen aus seiner Sicht.
Schnelle Verfahren sollen auch gegen Politikverdrossenheit helfen
Deren Abgeordnete Silke Backsen geht auf diesen Vorwurf nicht weiter ein, gibt aber zu bedenken, dass es verschiedene Interessen zu berücksichtigen gilt. Großprojekte bedeuteten immer auch einen Eingriff in die Natur. Backsen regt außerdem einen beschleunigten Ausbau von Naturschutzgebieten oder Ausgleichsflächen an.
Einigkeit besteht im Landtag darüber, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller werden müssen. Der SPD-Mann Kianusch Stender sieht darin auch einen Dienst an der Demokratie: "Wenn wir wollen, dass Menschen wieder ein größeres Vertrauen in Politik haben, dann müssen solche elementaren Verwaltungsabläufe funktionieren und ein Gestaltungswille auch umsetzbar sein."
Gesetzentwurf: Landresregierung will "schönere" Verfahren
Anstelle einer dänischen Lösung will das Land an den vorhandenen Stellschrauben drehen: Verkehrsminister Madsen hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt, über den der Landtag am Freitag in erster Lesung spricht. Der Opposition geht er nicht weit genug - der CDU-Abgeordnete Lukas Kilian dagegen verspricht, Verfahren würden dadurch "kürzer, straffer, schöner."
Konkret soll etwa beim Bau größerer Gemeinde-, Kreis- oder Landstraßen anstelle eines Planfeststellungsverfahrens ein einfacheres Genehmigungsverfahren genutzt werden. Beim Neubau und Ausbau von Radwegen an kürzeren Straßen soll die Umweltverträglichkeitsprüfung teilweise wegfallen. Außerdem sollen Arbeiten beim Bau von Landstraßen auch bei laufenden Gerichtsverfahren starten können. Es sei denn, die Kläger beantragen eine Aufschiebung.
Über die verschiedenen Ansätze werden die Abgeordneten im Ausschuss weiter beraten.