Bund-Länder-Programm fördert 135 Schulen in Schleswig-Holstein
Schüler mit schlechten Startchancen sollen eine bessere Perspektive erhalten. Das ist Ziel eines Programms von Bund und Ländern, das von Schleswig-Holstein federführend mit erarbeitet wurde. Als Basis dient das bisherige Perspektivschul-Konzept.
Die Theodor-Storm-Schule in Kiel ist eigentlich eine Gemeinschaftsschule wie jede andere. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied. Die Kinder, die hier zur Schule gehen, kommen zum Großteil aus Familien, die von Armut und den negativen Folgen der Migration gezeichnet sind. So sprechen 85 Prozent der Kinder nach Angaben des Schulleiters Carsten Haack zuhause kein Deutsch. Zudem seien viele Eltern auf staatliche Hilfen angewiesen.
Das hat auch einen starken Einfluss auf den Unterricht und stellt Lehrerinnen und Lehrer vor große Herausforderungen. Allein den Lehrstoff zu vermitteln, reicht da nicht. Es muss mehr sein: Deshalb stehe Beziehungsarbeit an der Schule im Vordergrund, sagt Haack.
"Multiprofessionelles Personal"
Um das neben dem Schulalltag leisten zu können, hat die Schule nach eigenen Angaben in den vergangenen fünf Jahren rund 386.000 Euro investiert. Ein Großteil wurde in zusätzliches Personal gesteckt - zum Beispiel in Sozialpädagogen, die die Jahrgänge zusätzlich unterstützen sollen.
Das sei gut investiertes Geld, sagt Haack, so kaufe man sich eine Sicherheit ein, dass die Kinder gut gefördert werden können. Zudem sei so über die Jahre ein System in der Schule entstanden, bei dem kein Kind durch das Raster falle.
Fortsetzung unter neuem Namen
Möglich geworden ist dieser Systemwandel an der Theodor-Storm-Schule durch das Perspektivschul-Programm des Landes. Die Schule im Kieler Osten war eine der ersten Schulen, die beteiligt waren. Mittlerweile ist das Projekt abgeschlossen, soll aber jetzt fortgesetzt werden - und zwar deutschlandweit als sogenanntes Startchancen-Programm. Schleswig-Holstein war bei der Erarbeitung des Programms federführend beteiligt.
Mehr Gerechtigkeit in der Bildung
Bei dem Startchancen-Programm erhalten Schulen, die besondere Unterstützung benötigen, mehr Geld und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Insgesamt sind es 135 Schulen in Schleswig-Holstein, die durch das Programm gefördert werden. 63 Schulen sind bereits Perspektiv-Schulen, sieben kommen aus dem Bund-Land-Programm "Schule macht stark" und 65 weitere sind neu hinzugekommen. Sie erhalten künftig mehr Geld und mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Ob eine Schule Unterstützung bekommt, wird über einen Sozialindex ermittelt. Dieser wurde im Auftrag des Landes von der Ruhr-Universität in Bochum entwickelt. Der Index berücksichtigt Faktoren wie Kinder- und Jugendarmut, den Anteil von Schülern, in deren Familien kein Deutsch gesprochen wird, den Anteil geflüchteter Kinder oder ob viele Kinder einen höheren Förderbedarf haben.
Bildungserfolg soll von Herkunft entkoppelt werden
Es gehe um mehr Gerechtigkeit bei der Bildung, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Sie kam zum Auftakt am Montag mit Schulleiterinnen und Schulleitern der teilnehmenden Schulen zusammen. Mit dem Programm soll es gelingen, dass der Bildungserfolg von der Herkunft entkoppelt und Teilnahmechancen erhöht werden, so Prien.
"Die Kinder kommen mit einem ganzen Paket an Bedürfnissen, die man nicht mit Bildung lösen kann. Das braucht viel Unterstützung im sozialen und emotionalen Bereich. Damit Schulen das leisten können, brauchen sie gute Netzwerke, Fortbildungen, eine unterstützende Schulaufsicht und zusätzliche Mittel." Karin Prien, Bildungsministerin SH
All das soll das Startchancen-Programm leisten können, denn für die ausgewählten Schulen sei klar, dass es nicht nur um Bildung, sondern auch um Erziehung gehe, so Prien.
Als konkrete Ziele nannte die Ministerin, dass zum einen die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards nicht erreichen, innerhalb der zehn Jahre halbiert werden solle. Zum anderen soll die Schulabbrecherquote reduziert und der Übergang in den Beruf verbessert werden.
66 Millionen Euro jährlich
Bund und Länder teilen sich die Kosten für das Programm gleichermaßen. Bundesweit werden zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. 66 Millionen jährlich werden davon laut Bildungsministerium in Schleswig-Holstein genutzt. Das Geld ist für folgende Investitionen gedacht:
- Schulbau
- Ausstattung
- Schul- und Unterrichtsentwicklung
- Personal (zusätzliches Personal oder Weiterbildung)
"Eine Art Wertschätzung"
Mit Blick auf die kommenden zehn Jahre freut sich Schulleiter Carsten Haack, dass seine Schule nun auf dem aufsetzen könne, was bisher schon erarbeitet wurde. Zusätzlich wolle er jetzt noch mehr auf die Qualität des Unterrichts blicken und sich darauf konzentrieren, wie der Übergang der Schüler in den Beruf gelingen kann.
Aber auch für die Lehrerinnen und Lehrer an seiner Schule sei das Programm ein Gewinn, so Haack. Denn es sei auch eine Art Wertschätzung. Es zeige, so Haack, dass damit die Schule und ihre besonderen Bedürfnisse gesehen werden.