Bogenschütze Florian Unruh: Es kommt auf Millimeter an

Stand: 28.07.2024 00:01 Uhr

Er hat fast alle wichtigen Titel im Bogenschießen schon gewonnen. Jetzt will der gebürtige Rendsburger Florian Unruh auch bei den Olympischen Spielen in Paris eine Medaille.

von Philipp Eggers

Kein Wort sagt Florian Unruh, als er seinen Bogen zusammenbaut. Konzentriert schaut er sich alle Teile ganz genau an, um sie so exakt wie möglich zusammenzubauen. Bogenschießen ist Maßarbeit. Auch im Wettkampf kommt es auf jeden Millimeter an. Florian Unruh hat deshalb immer dieselben Abläufe: "Sobald ich mit den Fingern an die Sehne gehe", sagt er, "ist das immer gleich. Also wie ich den Bogen anhebe und dabei atme."

Ein Bogenschütze beim Training © NDR Foto: NDR Screenshot
In Fockbek bei Rendsburg bereitet sich Florian Unruh auf die Olympischen Spiele vor.
Man muss seinen Körper spüren

In Fockbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat er sich auf die Olympischen Spiele vorbereitet. 200 bis 300 Schuss schießt er pro Trainingseinheit mit etwa 220 km/h auf die bunte Zielscheibe. Vier Kilogramm wiegt sein Bogen, wenn er die Sehne spannt, muss er 23 Kilogramm halten. Zusätzlich macht er deshalb mehrmals pro Woche Krafttraining. "Was man auf jeden Fall braucht, ist ein gewisser Fokus. Da kommt man nicht drum herum. Und ein Körpergespür für den Bewegungsablauf. Wenn man nicht unbedingt weiß, wie man sich bewegt, dann wird es sehr schwer, den perfekten Bewegungsablauf für sich zu finden - und es dann immer wieder gleich zu machen."

In der Ruhe liegt die Kraft

Mit neun Jahren fängt er 2002 mit dem Bogenschießen an. "Da hat der Verein hier eine Radtour angeboten und da konnte man Bogenschießen ausprobieren. Das hat Spaß gemacht", erinnert er sich mehr als 20 Jahre später. Der Leistungsgedanke sei dann aber erst mit den Jahren dazugekommen. Als er nämlich spürte, dass er überall, wo er antrat, auch mithalten konnte. Schon damals zeichnete ihn seine Ruhe aus, sagt er. Atemübungen sind für ihn auch heute noch sinnvoll: "Mein Puls ist sowieso immer etwas niedriger. Aber so was wie schnell einatmen, langsam ausatmen, vor allem lange ausatmen, dass das natürlich den Puls runterbringt, das hilft mir auch." Allerdings sollte man gegen den eigenen Körper nicht ankämpfen. "Wenn es nachher im Wettkampf so ist, dass der Puls hochgeht, dann geht der halt hoch. Das ist so eine Sache, aus meiner Sicht muss man sich eher darauf verlassen, dass das, was man vorher im Training gemacht hat vom Bewegungsablauf, auch funktioniert, wenn der Puls höher ist." In solchen Situationen ist dann diese Akzeptanz wichtig, um trotzdem die Leistung abrufen zu können.

Traum von Olympia

Ein Bogenschütze beim Training © NDR Foto: NDR Screenshot
Florian Unruh hat sein Ziel fest im Blick: eine Medaille bei Olympia in Paris.

In Paris will er endlich seine olympische Medaille holen. Welt- und Europameister ist er schon. In Tokio vor drei Jahren wurde er Fünfter, das ist das beste Ergebnis eines männlichen deutschen Bogenschützen bei Olympischen Spielen. "Auf jeden Fall macht es einen großen Unterschied, dass diesmal Zuschauer da sind. Da freue ich mich sehr drauf. Es wird die größte Bogensportarena, die es je gab. Bis zu 8.000 Zuschauer, das ist schon krass. Im Gegensatz dazu war es in Tokio so traurig, diese riesigen Tribünen zu sehen, die komplett leer waren. Sie jetzt voll zu sehen, wird schon toll."

"Besonnen, reflektiert, ungeheuer fokussiert"

"Er ist ein sehr besonnener, reflektierter Mann. Ungeheuer fokussiert, trainingsfleißig. Und er weiß genau, was er will", sagt Hans-Jakob Tiessen. Er ist der Präsident des Landessportverbandes, kennt Florian Unruh seit vielen Jahren. "Seit 2015 ist er im Team Schleswig-Holstein - und aufgrund seines Auftritts, seiner Fokussierung, seiner gesamten Persönlichkeit traue ich ihm zu, dass er ganz nach oben kommt."

Medaillenfavorit aus Schleswig-Holstein?

Dass er zu den Favoriten gehört, weiß Florian Unruh. Entsprechend selbstbewusst positioniert er sich: "Dass ich gut genug bin, um die Chance auf eine Medaille zu haben, ist klar. Und natürlich ist es der Traum, dass ich da eine Medaille hole. Aber ich kann meine Gegner nicht direkt beeinflussen, von daher werde ich so gut schießen, wie ich kann, und gucken, was dabei rauskommt." Schleswig-Holsteins Sportler des Jahres will seine Karriere mit einer olympischen Medaille krönen. Dazu muss alles passen - und er selbst muss einfach weiter ganz ruhig bleiben.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 28.07.2024 | 19:30 Uhr

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