Lesen, rechnen, schreiben - Grundschüler sollen fitter werden
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) will die nachlassenden Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in Schleswig-Holstein beim Rechnen, Schreiben und Lesen stärken. Das teilte sie am Mittwoch in Kiel mit.
Zur Stärkung der sogenannten "Basalen Kompetenzen" hat Prien am Mittwoch in Kiel einen entsprechenden Handlungsplan präsentiert. Der sieht unter anderem eine zusätzliche Stunde Mathe und Deutsch in den ersten beiden Schuljahren vor. In den vergangenen Jahren hätten die Leistungen der Kinder in diesen Bereichen auch im Norden in unterschiedlichem Maß abgenommen, sagte Prien.
Prien: Kompetenzen der Schüler in SH besorgniserregend
Laut der Ministerin entwickelten sich die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland und auch in Schleswig-Holstein zuletzt besorgniserregend. Sie sehe massiven Handlungsbedarf. Ziel müsse es sein, den Abwärtstrend zu stoppen und eine Trendwende herbeizuführen. Der deshalb vom Bildungsministerium entwickelte Plan ist unterteilt in 13 Handlungsfelder, die sämtliche Etappen der Bildungslaufbahn eines Kindes abdecken - von der Einschulung bis zur Berufsausbildung.
Grundschulförderung: Mehr Lesezeit, mehr Matheaufgaben online
Ein Hauptaugenmerk des Handlungsplans liegt auf den Grundschulen. "Schon in den ersten vier Jahren werden die Grundlagen gelegt für einen erfolgreichen Wechsel auf die weiterführende Schule", so Prien. Neben der Erhöhung der Unterrichtszeit in den Fächern Deutsch und Mathe soll zudem mehr gelesen werden. Geplant ist laut Prien ab dem kommenden Schuljahr an 30 ausgewählten Schulen täglich eine Lesezeit von 20 Minuten einzuführen - unabhängig vom Fach. Außerdem soll es eine verbindliche Wörtersammlung geben, um den Grundwortschatz der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen.
Im Fach Mathematik sollen über die Plattform "itslearning" regelmäßig online Aufgaben bearbeitet werden. "Unterstützend wird das Bund-Länder-Aktionsprogramm 'Aufholen nach Corona' auch im kommenden Schuljahr 2023/24 fortgesetzt", sagte die Ministerin. Aber auch der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule soll mehr gefördert werden, zum Beispiel mit Hilfe eines Einstufungsverfahrens mit kostenlosem Lehrmaterial für die Lücken.
Haushaltslage bremst Förderung teilweise
Doch Prien betonte auch: "Angesichts der Haushaltslage werden wir uns auf Schulen in besonders herausfordernden Lagen konzentrieren müssen." Sie sprach von einem langfristig angelegten Prozess - es sei ein Marathonlauf.
Opposition: "Spar- oder Placebopolitik"
Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt, bezeichnete den Plan als "zu spät und zu wenig". Deshalb fordere die FDP in der kommenden Landtagssitzung eine "Grundschuloffensive". Darin enthalten seien unter anderem verpflichtende Sprachtests für alle Kinder von viereinhalb Jahren. Martin Habersaat (SPD) sagte, viele der vorgestellten Maßnahmen seien in Hamburg bereits erprobt. "Es fällt jedoch auf, dass überwiegend die kostengünstigen Maßnahmen übernommen werden." Er nannte die Vorschläge daher "Spar- oder Placebopolitik".
Bildungsgewerkschaft GEW sieht individuelle Förderung gefährdet
Malte Krüger von der Landtagsfraktion der Grünen lobte, dass der Plan der Bildungsministerin vor allem in den Grundschulen ansetzt. "Hier müssen wir Grundlagen legen, hier müssen wir Chancengerechtigkeit fördern und gezielt da unterstützen, wo es nötig ist." Es gehe aber in Schulen auch darum, kulturelle und diverse Werte zu vermitteln - die möchte Krüger im angekündigten Pflichtwortschatz berücksichtigt wissen.
Doch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnt: Für die zusätzlichen Unterrichtsstunden würde vor allem individuelle Förderung wegfallen. "[Das] schadet gerade den Kindern, um die es hier gehen sollte", kritisierte GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke. Laut der GEW gibt Schleswig-Holstein pro Grundschulkind deutlich weniger aus als andere Länder. Dabei müsse jetzt dringend investiert werden. Die Lehrkräfte bräuchten vor allem eines: Zeit für die Schülerinnen und Schüler.