Auszeit vom Alltag: Familientag für Kinder mit Behinderung
Zu Beginn wird getrommelt, dann gibt es Yoga für die Erwachsenen und Gebärden-Singen für die Kinder: Beim Familienverwöhntag sollen Eltern, Kinder mit Beeinträchtigungen und ihre Geschwister entlastet werden.
Normalerweise ist es am Wochenende rund um die Rudolf-Steiner-Schule in Kiel sehr ruhig, gar ausgestorben. Doch an diesem Samstag hört man aus dem roten Backsteingebäude Trommelwirbel und Kinderlachen. Vor der Tür stehen ein Polizei- und Feuerwehrauto, Uniformierte betätigen Blaulicht und Martinshorn. Doch all das ist nicht etwa ein Einsatz, sondern Bestandteil einer ganz besonderen Veranstaltung. Alle vier bis fünf Jahre veranstaltet der Verein für Kindesentwicklung e.V. den sogenannten Familienverwöhntag - für Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung und deren Geschwisterkinder.
Wellness für Eltern, Spiele für Kinder
Die Idee dahinter: Familien, in denen ein Kind mit einer Beeinträchtigung lebt, sind im Alltag oft auf besondere Weise gefordert. Der Aktionstag soll für Entspannung und eine Auszeit sorgen - und zwar nicht nur bei den Eltern, sondern auch bei den Geschwisterkindern. "Sie stehen im Vergleich zu den Kindern mit Beeinträchtigungen oft seltener im Mittelpunkt, müssen in Sachen Aufmerksamkeit öfter mal zurückstecken. Umso wichtiger ist es uns, dass diese Kinder heute im Zentrum stehen", erklärt Mitorganisatorin Karin Kruska. Sie und ihr Team vom Verein für Kindesentwicklung e.V. haben die Veranstaltung fast ein dreiviertel Jahr geplant und vorbereitet. "Das war auf jeden Fall ein Kraftakt, aber es lohnt sich."
Eins zu Eins Betreuung dank Ehrenamtlern
Insgesamt sind heute 12 Familien gekommen - mit dabei Familie Schmelzer mit ihren zwei Söhnen und ihrer Tochter. Ihr sechs Jahre alter Sohn hat einen Gendefekt, seine körperliche und geistige Entwicklung ist verzögert. "Wir haben uns auf jeden Fall sehr gefreut, als wir eingeladen worden sind. Wir unternehmen viel gemeinsam als Familie, deswegen ist dieser Tag eine gute Ergänzung", meint Mutter Corinna. Für sie geht es am Vormittag zur Cranio-Sacral-Therapie, später zur Massage.
Währenddessen können die knapp 30 Kinder malen, basteln, trommeln oder auch Gebärden singen. Jedes von ihnen hat dabei den gesamten Tag über einen Betreuer oder eine Betreuerin an seiner Seite. "Wir haben ganz bewusst ein großes Team. So können wir eine Eins zu Eins Betreuung gewährleisten und haben noch genug Menschen, die zwischendurch mal Kaffee kochen und für das leibliche Wohl sorgen", so Kruska. Finanziert wird das ganze durch den Verein und eine Stiftung.
Austausch zwischen Eltern
Zwischen Kaffee und Kuchen findet Mitorganisatorin Karin Kruska immer wieder Zeit für Gespräche mit den Eltern. Viele berichten aus ihrem Alltag, erzählen von Erfolgen und Sorgen. "Uns geht es hier auch um den Austausch. Viele Eltern kommen miteinander ins Gespräch, tauschen sich über Gemeinsamkeiten aus. Das ist ein Mehrwert." Auch Corinna trifft man nach dem Wellnessprogramm im sogenannten Eltern-Cafe. "Ich bin definitiv erholter als vorher", so die Familienmutter.
Forderung nach Unterstützung
Der heutige Tag - für Veranstaltende und Teilnehemde ein Erfolg. Karin Kruska wünscht sich dennoch künftig mehr und vor allem längerfristige Unterstützung. "Ich denke da an vielfältigere Angebote für die Familien, aber insbesondere für die Eltern. Viele sind stark belastet und es bräuchte noch mehr Freizeit und bessere Unterstützung."