3.000 Menschen demonstrieren in Kiel gegen den Sozialabbau
Vor dem Landeshaus in Kiel forderten mehr als 80 Verbände unter anderem gerechtere Löhne. Einen konkreten Forderungskatalog haben sie an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) übergeben.
Trotz des Regens hatten sich dem Demonstrationszug vom Rathausplatz bis zum Landeshaus in Kiel deutlich mehr Teilnehmende angeschlossen als zunächst erwartet. Die Polizei ging am Vormittag von 3.000 Protestierenden aus. Die Veranstalter hatten am Vortag mit etwa 1.100 gerechnet. Zu der Demo haben die Landesverbände von Arbeiterwohlfahrt und Der Paritätische in Schleswig-Holstein aufgerufen. Sie fordern von der Politik einen Masterplan gegen Personalnot, Mittelkürzungen und zu viel Bürokratie.
Verbände bemängeln schlechte Arbeitsbedingungen im sozialen Sektor
Immer mehr Arbeitskräfte aus Pflege und Betreuung wandern ab, warnte Michael Selck von der Arbeiterwohlfahrt. Er forderte den Abbau von bürokratischen Hürden im Arbeitsalltag. Viele Arbeitsplätze seien zudem schlecht ausgestattet. "Wir wollen gar nicht mehr Geld", sagte Michael Saitner vom Wohlfahrtsverband Der Paritätische. "Aber niemand, der soziale Arbeit macht, darf einen finanziellen Nachteil erleiden", so Saitner weiter. Deswegen fordert er zumindest den Ausgleich der Inflationskosten. Den Forderungen haben sich mehr als 80 Verbände aus dem sozialen Sektor angeschlossen. So viele waren es noch nie, vermutet Saitner.
Viele Eltern, Pflegekräfte und Erziehende unter den Demonstrierenden
Die Demonstrierenden arbeiten unter anderem in Kindertagesstätten, in der Betreuung von Menschen mit Assistenzbedarf oder in der Hilfe für Geflüchtete. Sabrina Heinburg ist Kinderkrankenschwester in Lübeck. "Unter diesen miserablen Umständen will eigentlich keiner mehr arbeiten", sagte sie. Die hohe Belastung führe zu gesundheitlichen Schäden. Dass die Berufstätigen aus anderen sozialen Berufen ebenfalls am Limit sind merke sie bei ihrem jüngsten Kind im Kindergarten. "Seit anderthalb Jahren ist die Kita mindestens einmal in der Woche wegen Personalmangel geschlossen. Ich bin also hin- und hergerissen zwischen Arbeit und der guten Betreuung meiner Kinder", erzählte die zweifache Mutter.
Ministerpräsident Daniel Günther nimmt Forderungskatalog entgegen
Am frühen Nachmittag traf der Demonstrationszug vor dem Kieler Landeshaus ein. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kam aus der laufenden Landtagssitzung nach draußen auf die Kundgebung. Die Organisatoren übergaben ihm ihre Forderungen in einem Katalog. Das Zielbild der Forderungen könne er unterstützen, so Günther. Er sei bereit für den Dialog. Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) versprach, bei den Kindertagesstätten nicht zu sparen, sondern sogar mehr Geld ins System zu stecken.