Wirbel um Wahlwerbung mit Apfelsaft an Meller Grundschule
Im Wahlkreis Melle ist die Landtagswahl knapp ausgegangen: Die SPD holte die meisten Zweitstimmen, das Direktmandat ging an den CDU-Kandidaten. Dessen Besuch einer Grundschule sorgt jetzt für Wirbel.
Der CDU-Direktkandidat Thomas Uhlen hatte in der vergangenen Woche eine Grundschule in Melle besucht. Als Geschenk für die Kinder hatte er Apfelsaft dabei. Die Flaschen waren mit seinem Bild und dem Logo der CDU beklebt. Einige Eltern sowie die bei der Wahl unterlegene Direktkandidatin der SPD, Silke Depker, sehen eine Grenze überschritten. Uhlen erlangte bei der Landtagswahl mit einem Vorsprung von 3,2 Prozentpunkten die meisten Erststimmen und gewann das Direktmandat im Wahlkreis Melle, zu dem auch die Orte Dissen, Hilter, Bad Essen und Bissendorf gehören.
Mutter: "Man dachte, die Schulen sind ein neutraler Ort"
Die Mutter einer Schülerin war empört als ihre Tochter freudestrahlend mit der Flasche Apfelsaft nach Hause kam und von dem Besuch im Unterricht erzählte. "Man dachte, die Schulen sind ein neutraler Ort, wo so etwas nicht stattfinden darf, vor allem nicht in einer ersten Klasse", sagte sie dem NDR in Niedersachsen.
Früher waren Politiker-Besuche vor Wahl verboten
Tatsächlich waren Schulbesuche von Politikern früher bis zu vier Wochen vor einer Wahl verboten. Seit April 2014, knapp zwei Monate vor der damaligen Europawahl, sind sie jedoch erlaubt und liegen im Ermessen der Schule. Die damalige rot-grüne Landesregierung verfolgte mit den neuen Vorgaben laut einer Mitteilung vom 1. April 2014 der damaligen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) das Ziel, dass Schülerinnen und Schüler "einen authentischen Einblick in die tägliche Arbeit von Politikerinnen und Politikern erhalten". Unter pädagogischer Begleitung hätten Jugendliche die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und diese Informationen auch kritisch bewerten und nutzen zu können.
Keine Werbeveranstaltung von Parteien an Schulen erlaubt
Den Schulen wurde allerdings auferlegt, größtmögliche Neutralität zu wahren. Konkret müssen sie laut der Mitteilung der damaligen Kultusministerin darauf achten, "dass Sachverhalte im Unterricht ausgewogen dargestellt werden und keine demokratische Partei bevorzugt oder benachteiligt wird". Werbeveranstaltungen der Parteien dürfe und werde es auch künftig nicht an Schulen geben, hatte Heiligenstadt nach dem Beschluss des neuen Erlasses betont.
Lehrerin und Schulleiter wussten nichts von Wahlwerbung
Wie eine Sprecherin der Landesschulbehörde dem NDR in Niedersachsen sagte, wusste der Schulleiter nichts von dem Verteilen der Apfelsaftflaschen. Herr Uhlen habe sich an die Grundschule gewandt mit der Bitte, den Unterricht in einer ersten Klasse besuchen zu dürfen, um sich ein Bild vom Arbeitsalltag einer Lehrerin zu machen. Da die Klasse in der betreffenden Stunde auch frühstücke, habe Herr Uhlen gefragt, ob er Apfelsaft für die Schülerinnen und Schüler mitbringen dürfe. Nach Angaben der Sprecherin der Landesschulbehörde habe er im Vorfeld weder die betreffende Lehrerin noch die Schulleitung darüber informiert, dass die Flaschen "parteibezogene Inhalte auf dem Etikett" aufweisen. Der Schulleiter habe unmittelbar nach dem Vorfall mit Herrn Uhlen darüber gesprochen und das Regionale Landesamt für Schule in Osnabrück informiert. Dieses habe den Schulleiter hinsichtlich des Erlasses und der Verpflichtung zur Neutralität noch einmal intensiv beraten und ihn sensibilisiert, sagte die Behörden-Sprecherin.
Uhlen rechtfertigt seinen Besuch
Uhlen selbst sagt über seinen Besuch, dass dieser für ihn wertvoll gewesen sei, um sich über die Arbeitsbedingungen in der Schule zu informieren. Rückblickend bedauere er, dass er nicht abgesprochen habe, dass er die Apfelsaftflaschen mit seinem Konterfei mitgebracht habe. "Aber auf der anderen Seite halte ich es weiterhin für durchaus sinnvoll und wichtig, dass man gerade auch als Kandidat, der auf Landesebene Politik gestalten möchte, auch in Grundschulen unterwegs ist", sagte er dem NDR in Niedersachsen.