VIDEO: Bramsche: Ministerin Behrens besucht Landes-Aufnahmezentrum (2 Min)

Unterkünfte für Geflüchtete: Behrens nennt Situation "grenzwertig"

Stand: 06.10.2023 08:09 Uhr

Innenministerin Behrens sagte am Donnerstag, dass die Aufnahmeeinrichtungen und die Kommunen überfordert seien. Derzeit zähle man mehr als 1.300 Geflüchtete pro Woche in Niedersachsen. "Unter solchen Bedingungen können wir für die Menschen, die zu uns kommen und einen Anspruch auf Asyl haben, nicht mehr die Integrationsleistungen organisieren, auf die sie dringend angewiesen sind", sagte Behrens nach einem Besuch des Aufnahmezentrums in Bramsche.

Umstände seien "sehr belastend"

Das Aufnahmezentrum in Bramsche ist, wie viele andere, aktuell stark überbelegt. Derzeit seien in der Einrichtung 2.100 Menschen untergebracht, obwohl der Standort nur für etwas mehr als 1.000 Geflüchtete gedacht ist. Zusätzliche Container wurden aufgestellt, die Menschen schlafen teils in Turnhallen oder in Schulräumen. Behrens bezeichnete die Situation vor Ort als "grenzwertig". Die Umstände für Bewohner und Mitarbeiter seien "sehr belastend".

Videos
Daniela Behrens. © Screenshot
9 Min

Geflüchtete: Innenministerin Behrens appelliert an den Bund

Die Zahl der Geflüchteten müsse begrenzt werden. Die Unterbringungsmöglichkeiten seien mehr als erschöpft. (25.09.2023) 9 Min

580 Plätze in Jugendherberge

Der Leiter der Landesaufnahmebehörde Klaus Dierker sagte, das sei nicht der Standard, den man den Geflüchteten bieten wolle. Ähnlich sei die Situation im Aufnahmezentrum Braunschweig. In Osnabrück sind derzeit knapp 730 Menschen untergebracht. Normalerweise sind es 530. Die Behörde beschafft derzeit winterfeste Zelte, um die Kapazitäten zu vergrößern. Laut Dierker stehen ab November weitere 580 Plätze in niedersächsischen Jugendherbergen zur Verfügung. Ab Dezember sei es zudem wieder möglich, Geflüchtete in den Messehallen von Hannover unterzubringen. Dierker hofft, dass der Zuzug dann wieder etwas abnimmt.

Menschen stehen vor einem Lager mit Umzugskartons in der Flensburger Fördehalle. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
In Bramsche sind derzeit weit mehr Geflüchtete untergebracht als vorgesehen. Viele schlafen wieder in Turnhallen. (Themenbild)
Behrens will Migration stärker kontrollieren

Um die einzelnen Standorte in Niedersachsen zu entlasten, will das Land Geflüchtete in größerer Zahl und schneller auf die Kommunen aufteilen. Aber nicht nur dort, sondern auch innerhalb der EU müssten Geflüchtete laut Behrens fairer aufgeteilt werden. Bund und EU müssten sich gleichermaßen dafür einsetzen. Darüber hinaus forderte die Innenministerin erneut, unkontrollierte Migration zu begrenzen. Den Forderungen schließt sich auch der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund an. "Anderenfalls haben wir Sorge, dass sich die Stimmung vielerorts zum Beispiel durch die Belegung von Gemeinschaftseinrichtungen wie Turnhallen oder Dorfgemeinschaftshäuser verschlechtert und die Akzeptanz abnimmt", so Sprecher Stephan Meyn.

Geldkarten statt Bargeld für Geflüchtete?

Auch die Region Hannover ist laut Regionspräsident Steffen Krach (SPD) bereits an der Belastungsgrenze. Innenministerin Behrens möchte daher unter anderem den bürokratischen Aufwand minimieren. Eine Idee dazu aus Hannover, die ihr Ministerium mit Interesse verfolge, sei es, Geldkarten statt Bargeld für Geflüchtete auszugeben. Der Niedersächsische Städtetag spricht sich für den Vorschlag aus, berichtet die "Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Mit der Einführung eines Chipkartensystems vermeidet man Anreize, wegen des Bargelds nach Deutschland zu kommen", sagte demnach der Präsident des Verbandes, Frank Klingebiel (CDU). Asylbewerber könnten so kein Geld mehr in ihre Heimatländer überweisen, teilten FDP und CDU mit. Der Deutsche Städtetag hingegen will keine Bezahlkarten. Der Verband fürchtet zu viel Verwaltungsaufwand für die Kommunen: Die Kartenlösung sei "nicht ohne zusätzlichen Aufwand" für die Städte machbar, betonte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Verena Göppert.

CDU: Niedersachsen muss Kapazitäten erweitern

Bei der Unterbringung von Geflüchteten sei die niedersächsische Landesregierung "sehenden Auges in die Falle getappt", sagte Sebastian Lechner, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, laut Pressemitteilung. Demnach hätten schon vergangenes Jahr neue Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen. Auch der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, Kai Weber, forderte von den Ländern und Kommunen mehr Sozialwohnungen zu bauen und wirksam gegen Wohnraumleerstand vorzugehen.

Weitere Informationen
Menschen stehen auf der Insel Lampedusa in einer Reihe. © Cecilia Fabiano/LaPresse/AP/dpa

Asylsystem in Deutschland: Fragen und Antworten

Grenzkontrollen, Obergrenzen, Asylrecht - worüber reden die Politiker eigentlich genau? Hintergründe und Erklärungen zu aktuellen Debatten. (04.10.2023) mehr

Ein junger Mann sitz mit angezogenen Beinen und aufgestütztem Kopf auf dem Boden vor einer Treppe. © fotolia.com Foto: shootingankauf

Osnabrücker Forscherin mahnt Menschenrechte für Flüchtlinge an

Fluchtforscherin Ulrike Krause hat einen Brief veröffentlicht: Die aktuelle Debatte sei unsachlich und schüre Ängste. (05.10.2023) mehr

Daniela Behrens (SPD), Innenministerin Niedersachsen, spricht vor eioner blauen Wand. © Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Julian Stratenschulte

Geflüchteten-Zahl: "Auf Dauer der Gesellschaft nicht zuzumuten"

Niedersachsens Innenministerin Behrens appelliert an den Bund, Routen zu schließen und Schleuserbanden zu stoppen. (26.09.2023) mehr

Jederzeit zum Nachhören
Das historische Rathaus von Osnabrück. © Stadt Osnabrück, Referat Medien und Öffentlichkeitsarbeit Foto: Dr. Sven Jürgensen
8 Min

Nachrichten aus dem Studio Osnabrück

Was in Ihrer Region wichtig ist, hören Sie in dem Mitschnitt der 15:00 Uhr Regional-Nachrichten auf NDR 1 Niedersachsen. 8 Min

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 05.10.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Migration

Mehr Nachrichten aus der Region

Eine lebensgroße Putin-Puppe wird während einer Protestveranstaltung vor der Firma ANF in Lingen präsentiert. © NDR Foto: Maya Rollberg

Brennelemente für den Osten aus Lingen? Einwände werden diskutiert

Bis Freitag wird das Genehmigungsverfahren der Firma ANF erörtert. Rund 11.000 Einwendungen sind beim Land eingegangen. mehr

Aktuelle Videos aus Niedersachsen

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?