Stellenabbau bei Meyer Werft in Papenburg: Lies fordert Neustart
Der Schock sitzt tief bei der Belegschaft der Meyer Werft in Papenburg. Das Unternehmen will 440 Jobs streichen. Rund 2.000 Beschäftigte haben heute vor dem Werkstor gegen den Jobabbau demonstriert.
Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) war am Morgen zu der Kundgebung in Papenburg gekommen. Er sagte, die fehlenden 2,7 Milliarden Euro seien eine "neue Dimension". Der Wirtschaftsminister stellte klar, dass er von den Plänen des Sanierers Ralf Schmitz nicht viel hält. Der Abbau von 440 Stellen sei keine Lösung, die Werft müsse zukunftsfähig aufgestellt werden. "Wir brauchen jetzt einen Neustart", sagte Lies. Mit dem einen Schiff das nächste zu finanzieren, sei eine Art Schneeballsystem und funktioniere nicht mehr.
Ein Großteil der Belegschaft der Werft hatte sich um 7 Uhr vor dem Werkstor versammelt, um gegen den geplanten Stellenabbau zu protestieren. Betriebsrat und IG Metall hatten zu der Kundgebung aufgerufen.
Lies: Es bedarf einer gemeinsamen Lösung
Der Wirtschaftsminister kritisiert in seiner Rede die Geschäftsführung des Unternehmens. "Es gab eben auch Fehler, die im Management gemacht wurden", so Lies. "Das hat die Werft in die äußerst schwierige Lage gebracht, in der sie jetzt ist." Die Holding sitze in Luxemburg, es gebe kein Aufsichtsgremium. Banken sei vor diesem Hintergrund das Risiko neuer Kredite zu groß. Weder Land noch Bund könnten eine Bürgschaft stemmen. Dazu brauche es eine gemeinsame Lösung mit Banken, Kunden und der Meyer Werft, sagte Lies den Beschäftigten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass der zivile Schiffbau Deutschland verlässt", so Lies.
IG Metall sieht auch Standorte in Rostock und Turku gefährdet
Offenbar steht auch die Zukunft der Neptun-Werft in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) und des Standorts im finnischen Turku auf dem Spiel. "Es geht um die Zukunft des gesamten Meyer-Konzerns, auch wenn das Unternehmen das Wort Konzern nicht gerne hört", sagte Heiko Messerschmidt vom IG-Metall-Bezirk Küste. Es gebe einen engen Schulterschluss mit den Landesregierungen in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, so der Gewerkschafter am Dienstag.
Gespräche über Stellenabbau laufen - Positionen sind verhärtet
Am Montag hatten die Gespräche über den Arbeitsplatzabbau begonnen. 2,8 Milliarden Euro benötigt die Meyer Werft bis 2027. In der Kommission sitzen der Sanierer Ralf Schmitz, die Geschäftsführung der Werft, die Gewerkschaft IG Metall sowie die Betriebsräte aus Papenburg und des Standorts Rostock. Die Fronten sind verhärtet. Für Sanierer Ralf Schmitz ist klar: Ohne Jobabbau geht es nicht. Die Meyer Werft stehe sonst vor der Insolvenz. Betriebsratschef Andreas Hensen fordert hingegen, weder Angestellte noch Auszubildende rauszuwerfen. Durch den Abbau würde die Werft lediglich 33 Millionen Euro sparen. Den Rotstift müsse man bei den 6.000 bis 7.000 Fremdbeschäftigten ansetzen. Das Fass mit den Fremdfirmen werde man nicht erneut aufmachen, sagte hingegen ein Sprecher der Werft dem NDR Niedersachsen zu den Betriebsrats-Forderungen. Die Beteiligten wollen die Gespräche am Donnerstag fortsetzen.
Bröring, Seiters, Busemann und Hövelmann appellieren an Beteiligte
Derweil haben sich vier ehemalige politische Schwergewichte der CDU aus der Region in einem öffentlichen Brief zu Wort gemeldet, der dem NDR Niedersachsen vorliegt. Ex-Landrat Hermann Bröring, der ehemalige Bundesinnenminister Rudolf Seiters, Ex-Landtagspräsident Bernd Busemann und Heinrich Hövelmann, Ehrenbürgermeister der Stadt Papenburg, appellieren in ihrem Schreiben an die Beteiligten, besonnen zu handeln. Sie erinnern an schwierige Zeiten in den Jahren 1994, 1999 und 2012, als man "im Kampf um die Sicherheit von mehr als 4.000 Arbeitsplätzen im Schulterschluss zusammengestanden" habe.
Ex-Politiker fordern gemeinsame Anstrengungen für Erhalt der Werft
Bröring, Seiters, Busemann und Hövelmann führen weiter aus, dass die gemeinsamen Anstrengungen dazu beigetragen hätten, "dass die Werft als Familienunternehmen im Wettbewerb mit 'halbstaatlich' betriebenen Unternehmen sich auf dem Weltmarkt behaupten und expandieren konnte". In der aktuellen Misere seien die "zwingend notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen" mit "schmerzlichen Einschnitten" verbunden, heißt es in dem Schreiben. Die Verfasser sehen auch das Land in der Pflicht, die Krise abzufedern. Eine Perspektive für Werft und Arbeitsplätze müsse nun in "vertrauensvoller Zusammenarbeit" gefunden werden.