Gewerkschaft sieht Meyer Werft in existenzbedrohender Lage
Eigentlich sind die Auftragsbücher der Meyer Werft für die kommenden vier Jahre gut gefüllt. Finanziell hat das Unternehmen aus Papenburg dennoch Probleme: Es muss rund 550 Millionen Euro zurückzahlen.
Die Gewerkschaft IG Metall Küste spricht von einer existenzbedrohenden Situation. Wie der NDR Niedersachsen von Insidern erfahren hat, geht es dabei nicht nur um den Standort Papenburg, sondern auch um die Standorte Rostock in Mecklenburg-Vorpommern und Turku in Finnland. Auch aus Sicht des Betriebsratschefs in Papenburg, Andreas Hensen, war die Situation noch nie so kritisch wie jetzt. Die Meyer Werft muss im November einen Kredit über 550 Millionen Euro an die Banken zurückzahlen. Wie das finanziert werden soll, ist derzeit noch unklar. Im Sommer will ein Sanierer ein Sparkonzept vorlegen. Die Beschäftigten und die IG Metall Küste befürchten, dass Personal abgebaut wird. Nach NDR Informationen reicht das Geld nur noch bis Juli.
Mitarbeitende schreiben Brandbrief an die Politik
In einem Brandbrief an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Abgeordnete im Land- und Bundestag bitten die Werft-Mitarbeitenden um Hilfe. Sie wollen ihre Arbeitsplätze nicht verlieren. Hintergrund sind Aussagen des Sanierers aus Düsseldorf auf einer Betriebsversammlung. Der Experte, den die Meyer Werft vor einigen Wochen hinzugezogen hatte, um Einsparpotenziale aufzudecken, wollte dabei nicht ausschließen, dass auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Beitrag leisten müssen. Ein Werftsprecher hat dies dem NDR Niedersachsen bestätigt. Zunächst hatten die "Rheiderland Zeitung" sowie die "Ostfriesen-Zeitung" über den Brandbrief berichtet.
Entscheidung über mögliche Entlassungen im Sommer erwartet
Es sei unerträglich zu sehen, dass Entlassungen und finanzielle Einschnitte drohen und Existenzen gefährdet seien, heißt es in dem Brief der Mitarbeitenden. Man habe hart im Unternehmen für die Zukunft der Werft gearbeitet, nun stehe alles auf dem Spiel. Auf der Werft geht das Gerücht um, dass 20 Prozent der Kosten eingespart werden sollen, andernfalls würden Mitarbeiter entlassen. Ein Werft-Sprecher sagte dazu nur: Die Situation sei schwierig, ein Ergebnis erwarte man im Sommer.
Meyer Werft: Viele Aufträge - aber späte Bezahlung
Die Mitarbeitenden sind besorgt. Zumal der Sanierer gesagt hatte: Solch ein Unternehmen zu sanieren ohne Arbeitsplatzabbau, habe er noch nicht erlebt. So zitierte ihn ein Betriebsrat. Die Werft hat Schulden und muss Neubauten zu 80 Prozent vorfinanzieren. Die Baukosten für das nächste Disney-Schiff werden auf eine Milliarde Euro geschätzt. Die finanzielle Situation des Traditionsunternehmens aus Papenburg mit Standorten in Rostock und im finnischen Turku gilt seit Längerem als angespannt. Hinzu kommt: Viele Verträge wurden vor der Pandemie geschlossen, die Materialpreise sind aber inzwischen deutlich gestiegen.
Wirtschaftsministerium in MV sieht keinen Anlass zur Sorge
Keinen Anlass zur Sorge sieht dagegen das Wirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Neptun Werft in Rostock und die Meyer Wismar zur Unternehmensgruppe gehören. Auswirkungen der aktuellen Lage der Meyer Werft auf die Standorte in Rostock und Wismar seien derzeit "weder bekannt noch absehbar". Das Ministerium sei in regemäßigem Austausch mit der Meyer Werft, dabei gehe es unter anderem um die wirtschaftliche Lage. "Selbstverständlich gilt für diese Gespräche Vertraulichkeit", teilte eine Ministeriumssprecherin dem NDR mit. Die Frage nach Krediten oder Bürgschaften durch das Land Mecklenburg-Vorpommern stelle sich derzeit nicht.
Bürgschaft vom Land doch ein Thema?
Mit dem Land Niedersachsen sowie mit dem Bund spricht die Meyer Werft dagegen aktuell nach Angaben eines Unternehmens-Sprechers über mögliche Hilfen. Bereits im vergangenen Jahr war der Werft eine Bürgschaft über 350 Millionen Euro gewährt worden. Erst vor wenigen Wochen waren Spekulationen über weitere Landeshilfen aufgekommen, die Werft hatte aber Mitte April durch einen Sprecher erklärt, dass eine Bürgschaft nicht nötigsei.
Meyer Werft hat volle Auftragsbücher
Erst kürzlich hatte sich der Niedersächsische Landtag mit den Finanzen des Schiffbauers beschäftigt. Im Wirtschaftsausschuss wurden die Abgeordneten über die finanzielle Lage der Meyer Werft informiert. Das Unternehmen beschäftigt rund 3.000 Werftmitarbeiter und sichert zahlreichen Zulieferern und Dienstleistern in der Region Aufträge. Die Werft hat nach eigenen Angaben volle Auftragsbücher bis 2028.