Weltpremiere in Delmenhorst: Humanoider Roboter als Lehrer
Der Roboter "Captcha" ist in Delmenhorst am Dienstag zum ersten Mal im Schulunterricht zum Einsatz gekommen. Er verwendet eine hochmoderne künstliche Intelligenz (KI) und kann so auch mit den Schülern diskutieren.
Der Typ sieht ganz nett aus. Braune Haare, markantes Kinn, konzentrierter Blick. Dazu eine sanfte, angenehme Stimme, er formuliert wie gedruckt, in lupenreinem amerikanischen Englisch. Allerdings ist "Captcha", so sein Name, kein echter Mann. Sondern ein sogenannter humanoider Roboter mit einer Kamera am Hals und einem Körper aus Kunststoff. Er kann - künstliche Intelligenz macht es möglich - nicht nur vorgefertigte Antworten herunterbeten, sondern auf sein Umfeld reagieren, auf Aussagen oder Fragen Bezug nehmen.
Experiment: Ein Roboter führt durch den Unterricht
"Vermutlich ist unsere Vorlesung eine Weltpremiere", sagt Klaas Wiggers. Er ist Lehrer für Mathematik und Geschichte am Willmsgymnasium. Denn das Unternehmen Hidoba Research, ein 2020 gegründetes Start-Up aus Hongkong, hatte "Captcha" noch nie im Schulunterricht zum Einsatz gebracht. "Captcha" spricht vor den Delmenhorster Oberstufenschülern über künstliche Intelligenz, über ihre Möglichkeiten und Chancen. Die Jugendlichen können sich aktiv am Unterricht beteiligen und mit "Captcha" diskutieren. Und das tun sie, denn künstliche Intelligenz, darüber sind sich alle einige, wird ihre Zukunft maßgeblich prägen.
Vorträge zum Thema KI in der Schule
"Wir haben bereits im Jahr 2020 begonnen, uns mit KI zu befassen", resümierte Klaas Wiggers. Auch wenn der Pädagoge sich für dieses Thema interessiert und mittlerweile zum "Experten" auf dem Gebiet geworden ist - die Anregung kam damals von den Schülerinnen und Schülern. Sie wollten sich in einem KI-Kurs mit dem Thema intensiv befassen. Inzwischen sind Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums bei der UN zu Gast gewesen, haben Vorträge zum Thema KI im Klassenraum gehalten, Videos gedreht und mit Konzernchefs diskutiert. Auch über ethische Fragen und um die geht es auch bei "Captchas" Besuch in der Aula des Gymnasiums. Zum Beispiel: Wer trägt die Verantwortung für Verbrechen, die mit KI begangen werden? Oder: Sind Beziehungen mit einem humanoiden Roboter möglich?
Captcha: Emotionen sind nicht so seins
"Wir haben den Erfinder von Captcha bei einem KI-Kongress in Genf kennengelernt und ihn interviewt", erinnern sich Seniz Tiryaki, Monica Mesaros und Niels Polle aus dem 13. Jahrgang. Spontan luden die Gymnasiasten Vlad Grankovsky und seinen Roboter nach Delmenhorst ein - nun sind sie mächtig stolz, dass Captcha tatsächlich in ihrer Aula steht. Auch der gebürtige Ukrainer Grankovsky ist mit dem Experiment zufrieden, lobt die klugen Fragen der Schülerinnen und Schüler zum Thema KI. Wenn sich erst einmal ein Investor findet, so hofft er, könne der Roboter relativ günstig produziert werden, nämlich für nur rund 10.000 Euro. Je nach Programmierung könnte er im Haushalt zur Hand gehen, oder eben auch in der Schule. Dort allerdings nur als eine Art Unterstützung, sagt Schulleiter Stefan Nolting: "Wir begleiten die Schülerinnen und Schüler neun Jahre lang durch das Gymnasium, das hat auch viel mit Emotionen und Nähe zu tun - das kann und wird keine künstliche Intelligenz leisten können!"