Holocaust-Überlebender aus Leer und Steinmeier wollen reden
Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg aus Leer hat ein Gesprächsangebot von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angenommen. Es könne sich nur etwas verändern, wenn miteinander gesprochen werde, sagte er am Freitag.
Noch ist unklar, wo und wann sich Weinberg und Steinmeier zum Gespräch treffen wollen. Weinberg sagte, ihm gehe es darum, "Zufriedenheit für beide Seiten" zu erreichen. Das Büro des Bundespräsidenten habe sich bei ihm gemeldet. Der 99-jährige Holocaust-Überlebende hatte am Donnerstag angekündigt, das ihm verliehene Bundesverdienstkreuz zurückzugeben. Grund ist, dass CDU und CSU am Mittwoch im Bundestag mit Stimmen der AfD einen Antrag zur Migrationspolitik durchgebracht hatten. "Es ist zu schwer geworden, es zu tragen, wenn man solche Nachrichten hat", erklärte Weinberg am Donnerstag. Steinmeier hatte daraufhin öffentlich sein Bedauern über Weinbergs Entscheidung geäußert und ihm ein gemeinsames Gespräch angeboten.
"Ich war immer stolz, es zu tragen, jetzt nicht mehr"
Weinberg wurde in Rhauderfehn geboren. Er hat drei Todesmärsche und die Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen überlebt. Die Nationalsozialisten haben viele seiner Angehörigen ermordet. "Ich bin es ihnen schuldig, das Kreuz nicht mehr zu tragen", so Weinberg. Er zeigte sich besorgt darüber, dass "die Rechtsradikalen so stark geworden sind". Er hoffe, dass die Menschen zur Vernunft kommen. Albrecht Weinberg ist als Zeitzeuge vielfach geehrt worden. Das Bundesverdienstkreuz bekam er 2017, die Nadel trug er seitdem an einer Jacke. "Ich war immer stolz, es zu tragen, jetzt nicht mehr", so Weinberg.
Steinmeier will auch mit Mannheimer Fotograf sprechen
Den Entschluss, sein Bundesverdienstkreuz abzugeben, fasste Weinberg gemeinsam mit seinem Freund Luigi Toscano. Auch mit ihm wolle Steinmeier sprechen, sagte Weinberg. Toscano ist Fotograf und Filmemacher aus Mannheim und hatte am Donnerstag ebenfalls angekündigt, sein 2021 verliehenes Bundesverdienstkreuz zurückzugeben. Er warnte, die Probleme der Migration dürften "nicht mit den Steigbügelhaltern der Rechten" gelöst werden. Toscano erwartet von Demokraten hundertprozentigen Einsatz für die Demokratie. Was im Bundestag am Mittwoch passiert sei, habe damit nichts mehr zu tun: "Die Symbolik und die Gefahren, die daraus resultieren, sind verheerend." Toscano macht mit einem Erinnerungsprojekt die Schicksale von mehr als 400 Holocaust-Überlebenden öffentlich.