Feuer auf "Fremantle Highway": Sorge um Wattenmeer ist groß
Naturschützer sind angesichts der Lage auf der in Brand geratenen "Fremantle Highway" in Sorge. Sollte der Frachter in der Nordsee sinken, fürchten sie eine Umweltkatastrophe - auch für das Wattenmeer.
Der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) zufolge könne die "Fremantle Highway" etwa infolge großer Hitze instabil werden und dann sinken, sagte der Vorsitzende Gerd-Christian Wagner. Dem Bundesumweltministerium zufolge befinden sich 1.600 Tonnen Schweröl und weitere 200 Tonnen Marine-Diesel an Bord. Gefährlich werden könne es "insbesondere dann, wenn der Bunker betroffen ist und dann das Schweröl ausläuft". Der Nationalpark Wattenmeer sei "ernsthaft in Gefahr", sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Sie stellte deutsche Unterstützung bei der Bergung des Autofrachters in Aussicht.
NABU-Experte: "Umweltkatastrophe schon da"
Kim Detloff, Leiter Meeresschutz beim Naturschutzbund (NABU) ist überzeugt, dass kontaminiertes Löschwasser von der "Fremantle Highway" inzwischen in die Nordsee geraten ist. "Tatsächlich ist die Umweltkatastrophe jetzt schon da", sagte der Meeresschutzexperte dem NDR. Lokal seien verbrannte Schadstoffe, Schwermetalle und Öl "über das Kühlwasser ins Ökosystem" gelangt, so Detloff. Das sei kein Vergleich dazu was drohe, sollte das Schiff tatsächlich sinken. Derzeit versuchten die Bergungsexperten laut Detloff, die "Fremantle Highway" aufs offene Meer zu schleppen, um Zeit zu gewinnen.
Nationalpark-Chef: "Große Sorge ums Wattenmeer"
Der Chef des Nationalpark Wattenmeer, Peter Südbeck, erklärte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst, die Sorge in der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven sei groß. "Wir sitzen hier ein wenig wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange." Sollte das Schiff kentern oder zerbersten, würden fast sicher Öl und andere Giftstoffe ins Weltnaturerbe gelangen. Er hoffe, dass die Rettungs- und Katastrophenschutzschiffe vor Ort im schlimmsten Fall mit technischen Mitteln einen großen Teil der Stoffe auffangen könnten. Südbeck mahnte ein Umdenken im Schiffsverkehr an: "Die Routen müssen weit außerhalb des Nationalparks verlaufen, damit im Ernstfall genug Zeit für Gegenmaßnahmen bleibt." Unfälle durch Wetter, menschliches oder technisches Versagen könnten in der Schifffahrt nicht ausgeschlossen werden.
Niederländischer Minister sieht Ölpest als unwahrscheinlich
Nach Ansicht von Mark Harbers, dem niederländischen Minister für Infrastruktur und Wasserverwaltung, ist eine Ölpest für die Wattenmeerinseln der Niederlande unwahrscheinlich. Sollte Treibstoff aus dem Frachter ausströmen, würde der sich Richtung Norden in die offene See verbreiten. Das würden Vorhersagen für Strömung und Wind zeigen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Havariekommando in Cuxhaven auf Grundlage eigener Modelle, wie ein Sprecher erklärte.
Untergang des Frachters wäre "Katastrophe für das Wattenmeer"
Der Bürgermeister der Nordseeinsel Borkum - mit rund 60 Kilometern Entfernung vom Ort der Havarie die nächstgelegene deutsche Insel - fürchtete dagegen noch am Mittwoch im Falle eines Untergangs schwere Umweltschäden. "Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und unkontrolliert Schadstoffe in das Meer gespült werden", sagte Jürgen Akkermann (parteilos) dem NDR Niedersachsen am Mittwoch. Gefahr gehe sowohl von den E-Autos an Bord als auch von einem möglichen Austritt von Schweröl aus.
Umweltminister Meyer warnt vor Langzeitfolgen
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) warnte ebenfalls am Mittwoch, dass sich Stoffe aus dem Schiff in kürzester Zeit weit verbreiten könnten und die sensiblen Bereiche des Wattenmeers stark schädigen. "Vergleichsweise kleine Mengen können eine Umweltkatastrophe auslösen, von der zunächst in erster Linie Seevögel unmittelbar betroffen sind." Dazu könnten Langzeitfolgen kommen, wenn es nicht gelinge, das havarierte Schiff in einen Hafen zu bringen oder austretende Stoffe aufzufangen oder zu binden.
"Fremantle Highway" gerät vor niederländischer Insel Ameland in Brand
Der Autofrachter, der von der japanischen Reederei Kawasaki Kisen Kaisha gechartert wurde, war von Bremerhaven aus in Richtung Ägypten unterwegs. In der Nacht zu Mittwoch geriet das Schiff vor der niederländischen Insel Ameland in Brand. Laut niederländischer Küstenwache könnte möglicherweise die Batterie eines E-Autos Brandursache sein. Nach Angaben der Reederei hat die "Fremantle Highway" 3.783 geladen. Auch am Freitag war das Feuer noch nicht unter Kontrolle. Die Löscharbeiten gestalten sich schwierig.