Dönerfleisch in einer Dönerbude. © picture alliance / Maximilian Koch | Maximilian Koch Foto: Maximilian Koch

Döner macht ärmer? Darum sorgt der Kebap-Preis für Diskussionen

Stand: 16.07.2024 07:20 Uhr

Die Inflation sinkt, der Dönerpreis bleibt auf einem Allzeithoch. Auch in Niedersachsens Dönerläden wird darüber diskutiert. Doch warum sorgt derzeit ausgerechnet der Dönerpreis für negative Schlagzeilen?

von Benedikt Bathe

Das Thema ist schon beim Bundeskanzler angekommen. Am 23. Juni soll Olaf Scholz (SPD) am Rande des ARD-Sommerinterviews Stellung nehmen zu den hohen Dönerpreisen - es war eine der häufigsten Zuschauerfragen. Denn Kebap und Co. sind vielerorts innerhalb weniger Jahre doppelt so teuer geworden, haben teils die Zehn-Euro-Marke geknackt. In den sozialen Netzwerken wird das hitzig diskutiert. "Olaf, mach Döner wieder drei Euro!", heißt es etwa.

Restaurants müssen Preise erhöhen

Gastronom Sehmus Aydemir aus Oldenburg. © NDR Foto: Benedikt Bathe
Sehmus Aydemir betreibt ein türkisches Restaurant in Oldenburg.

Gastronomen wie Sehmus Aydemir stehen in der aktuellen Situation vor ernsten Herausforderungen. Aydemir betreibt das türkische Restaurant Mangal in Oldenburg, dort kostete der klassische Döner Kebap mit Hackfleisch vor ein paar Jahren noch 4,20 Euro. Damals ein Preis im oberen Mittelfeld. "Es ist in den letzten Jahren, vor allem nach Corona, schwer geworden, diese Preise zu halten", blickt Sehmus Aydemir zurück. Er musste den Preis anheben - auf heute 7,90 Euro. Die Spezialität des Hauses, der Yaprak-Döner mit Steakfleisch, geht für 9,90 Euro über die Theke.

Dönerladen in Oldenburg: Mehrausgaben überall

Der Restaurantchef zählt auf, wie sich die Preise auf seiner Speisekarte zusammensetzen: aus den Einkaufspreisen für Lebensmittel, aus Strom, Miete und Personalkosten. Überall seien die Ausgaben gestiegen. "Das sind alles Faktoren, die die Kunden nicht so wahrnehmen, wenn sie sich über den Preis beschweren", sagt Aydemir. Wobei, das ist ihm wichtig: Seine Kunden in Oldenburg zeigten überwiegend Verständnis an der Kasse.

Nahrungsmittel deutlich teurer als noch 2020

Der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts belegt: Im Juni 2024 kosteten Nahrungsmittel rund ein Drittel mehr als 2020. Die Preise sind durch die Krisen der vergangenen Jahre stark gestiegen - vor allem seit der Corona-Pandemie und Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. Lieferketten sind zusammengebrochen, Getreide aus der "Kornkammer" Ukraine wurde knapp, billiges Gas aus Russland floss immer weniger.

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Corona und Krieg treiben Preise in die Höhe

Den Dönerpreis selbst erfassen die Statistiker nicht separat. Die Teuerung seit 2020 spiegelt sich aber bei den einzelnen Zutaten des Kebaps wider, etwa bei Rind- und Kalbfleisch (+ 33,4 Prozent), Kopfsalat (+ 13,8 Prozent) oder Joghurt (+ 34,6 Prozent). Zwar bezahlen Gastronomen meist Großmarktpreise, doch die Verbraucherpreise zeigen zumindest einen Trend. Noch nicht mit eingerechnet sind die hohen Energiekosten, die der Drehspieß im Dauerbetrieb verursacht.

Der Döner: Kulturgeschichte mit alles und scharf

Der Berliner Soziologe Eberhard Seidel verfolgt seit Jahrzehnten den kulinarischen Siegeszug des Döner Kebaps. In seinem Buch "Döner. Eine türkisch-deutsche Kulturgeschichte" zeichnet er nach, wie der Fleischfladen zum "deutschen Nationalgericht Nummer eins" geworden sei - gegen viele Widerstände. Traditionell seien es die Menschen mit wenig Geld gewesen, die im Döner eine vollwertige Mahlzeit zum kleinen Preis fanden. "Sie empfinden die Inflation bei ihrer Lieblingsspeise als besonders bedrohlich", so Kebap-Forscher Seidel. Das gelte auch für Jugendliche: "Ihr Taschengeld ist häufig nicht im gleichen Maße angestiegen wie die Dönerpreise." Was mutmaßlich die Popularität des Themas besonders in den sozialen Netzwerken erklärt.

"Zeit der Selbstausbeutung ist vorbei“

Eberhard Seidel hat sich Gedanken gemacht, warum der Döner stärker als andere Mahlzeiten im Preis gestiegen sein könnte. Seine Theorie: Lange Zeit hätten Familienbetriebe mit Kampfpreisen gearbeitet, um konkurrenzfähig zu bleiben. Der Mindestlohn habe den prekären Verhältnissen dann ein Ende gemacht, was der Soziologe ausdrücklich begrüßt. Die Folge: "Die Zeit der Selbstausbeutung in der Dönerbranche ist vorbei." An der Stelle knüpfte auch Bundeskanzler Scholz im Sommerinterview an: "Man sollte nicht nur gern Döner essen, sondern auch wollen, dass die Leute, die ihn herstellen, einen ganz ordentlichen Lohn haben."

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