Caritas: Immer mehr junge Menschen sind hoch verschuldet
Hohe Lebenshaltungskosten, Online-Shopping mit Zahlpausen - immer mehr junge Menschen geraten laut Caritas in die Schuldenfalle. Die Beratungsangebote des Landesverbands Oldenburg sind gut besucht.
Dietmar Fangmann ist Referent für den Bereich der Sozialen Schuldnerberatung bei der Caritas. Beinahe täglich hat die Caritas mit jungen Menschen zu tun, die sich verschuldet haben und teilweise ihre Raten nicht mehr zahlen können. Der Schuldnerberater gibt Tipps für einen besseren Umgang mit Geld und hilft, den Schuldenberg langsam wieder abzubauen.
Herr Fangmann, wer sind die Menschen, die in die Schuldenberatung kommen?
Dietmar Fangmann: Es ist tatsächlich so, dass immer mehr junge Menschen überschuldet sind. Das ist neben den über 70-Jährigen die einzige Gruppe, bei der die Zahl der Überschuldung im letzten Jahr gestiegen ist. In Deutschland sind zurzeit rund 20 Prozent der Jugendlichen verschuldet. Verschuldung liegt dann vor, wenn die jungen Menschen Schulden machen, diese aber noch bezahlen können. Von Überschuldung sprechen wir, wenn das Einkommen nicht mehr ausreicht, um die Schulden zu begleichen oder die Abträge zu bezahlen.
Wieso sind gerade jüngere Menschen so stark betroffen?
Fangmann: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Da spielen natürlich die steigenden Lebenshaltungskosten und geringe Einkommen bei den jungen Menschen eine Rolle. Was die Situation bei den jungen Leuten aber letztendlich so besonders macht, ist das Thema Online-Shopping, das sind die "Buy now, pay later"-Angebote, wo zum Beispiel eine Zahlpause von 90 Tagen angeboten wird. Es wird jungen Menschen sehr leicht gemacht, Dinge im Internet zu bestellen, die man dann in Monatsraten begleichen kann. Da ist es nicht so leicht, den Überblick zu behalten. Was wir aber auch erleben, ist, dass junge Menschen oftmals wenig Wissen über Budgetierung und über den verantwortungsvollen Umgang mit Geld haben. Man kann da häufig schon von einer mangelnden finanziellen Bildung sprechen.
Sollte der Umgang mit Geld in Schulen stärker in den Fokus gerückt werden?
Fangmann: Wir brauchen definitiv mehr Medien- und Finanzkompetenz, gerade in einer Welt, in der Verträge per einfachem Klick abgeschlossen werden können. Wir brauchen professionelle Hilfe nicht nur da, wo schon Schulden gemacht worden sind, sondern auch präventive Angebote. Damit Menschen schon sehr jung lernen, mit Geld, Handy und Internet verantwortungsvoll umzugehen. Wir brauchen finanzielle Bildung in Schulen und die Caritas ist da auch schon mit dem Programm "Young Finance" unterwegs. Wir werden da auch schon von vielen Schulen angefragt. Und natürlich müssen letztlich auch die Eltern zu Hause eine Vorbildfunktion übernehmen.
Wünschen Sie sich vom Gesetzgeber einen besseren Umgang mit "Buy now, pay later"-Angeboten?
Fangmann: Ja, das ist tatsächlich eine Frage, die wir auch bei uns intern intensiv diskutieren. Unserer Meinung nach wäre es schon sinnvoll, die Hürden höher zu legen und zu gucken, wie man auch noch mal mehr Verantwortung bei den Anbietern belassen kann. Da wäre es klug, wenn der Gesetzgeber agieren würde.
Welche Tipps und Tricks geben Sie jungen Menschen, um Verschuldung zu verhindern oder abzubauen?
Fangmann: Das sind verschiedene Dinge. Erst mal machen wir den Jugendlichen die Gefahren überhaupt bewusst. Wir schlagen zum Beispiel vor, ein Haushaltsbuch zu führen, um Zahlungseingänge und -ausgänge besser im Blick zu behalten. Gerade wenn man auch mal die "Buy now, pay later"-Angebote nutzt. Damit man dann weiß, welche Abbuchungen wann kommen. Es geht vor allem darum, dass sich die jungen Menschen besser strukturieren und lernen, dass ich Dinge erst dann kaufen kann, wenn ich auch das Geld dafür zusammengespart habe.
Das Interview führte Lena Bathge.
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