Begleittier einer Seniorin: Shetlandpony erhält Platzverweis

Stand: 12.08.2024 12:16 Uhr

Durch eine Verordnung gilt das Mini-Pony "Fritzi" aus Cuxhaven als Fahrzeug - und darf nun nicht mehr auf den Deich. Seniorin Sonja Weidhase kann das nicht fassen, sie ist auf das Tier angewiesen.

von Catherine Grim

Sonja Weidhase liebt den Blick aufs Meer. "Dafür bin ich wieder nach langer Zeit im Ausland und auf See nach Cuxhaven gezogen", schwärmt die 79-Jährige, während sie in ihrem gemieteten Strandkorb an der Grimmeshörnbucht sitzt. Bei gutem Wetter kommt sie oft hierher - mit ihrem Mini-Shetlandpony "Fritzi". Es ist keinen Meter groß und handzahm. Der 15-jährige Wallach grast dann immer rund um den Strandkorb. "Alle hier sind von ihm begeistert, vor allem die Kinder", sagt Sonja Weidhase.

Das Shetlandpony "Fritzi" am Deich. © NDR Foto: Catherine Grim
Das Shetlandpony "Fritzi" steht hier noch auf dem Deich. Von nun an darf es diesen allerdings nicht mehr betreten.
Deichvorlandverordnung: Keine Pferde am Deich

Das ist aber vorbei. Denn "Fritzi" ist ein Pferd und darf nicht auf den Deich. So steht es in der Deichvorlandverordnung und in der Kur- und Strandverordnung, die die Polizei vor Kurzem durchsetzte. Sie verwies Wallach und Besitzerin des Deiches. Weidhase hat kein Verständnis: "Ich bin doch auf Fritzi angewiesen. Er stört keinen hier."

Nach Krebs-Erkrankung: Dank Pony zurück ins Leben gekämpft

Nach mehreren Krebs-Operationen gab das Pony ihr ihren Lebenswillen zurück. "Ich konnte gar nichts mehr, nicht laufen, mich nicht bücken, nichts", erzählt Weidhase von der Zeit nach den Operationen. "Da brachte mich ein Bauer mit Mini-Shetlandponys zusammen". Um die gelernte Reisekauffrau war es geschehen. "Das Pony kam zu mir, gab mir Ruhe, Mut, Gelassenheit". Sie kämpfte sich ins Leben zurück.

Sonja Weidhase mit ihrem Shetlandpony "Fritzi". © NDR Foto: Catherine Grim
"Fritzi" unterstützt Renate seit ihrer Krebs-Behandlung. Dank dem kleinen Shetlandpony kann sie sogar weitere Strecken zurücklegen.
Pferd "Fritzi" ist ihre Gehhilfe

Jetzt kann die 79-Jährige sogar wieder die rund 2,5 Kilometer von ihrem Haus in Cuxhaven-Stickenbüttel bis in die Grimmershörnbucht zu Fuß zurücklegen. "Ich stütze mich dabei immer mal wieder auf Fritzi, er läuft glücklicherweise auch sehr langsam", sagt sie. 

Straßenverkehrsordnung: Ein Pferd gilt als Fahrzeug

An der Grimmershörnbucht darf sie trotzdem nicht sein. Denn laut Straßenverkehrsordnung gilt ein Pferd als Fahrzeug und das ist - bis auf Fahrräder oder Roller - am Deich verboten. "Ich konnte diese Argumentation einfach nicht ernst nehmen", sagt Sonja Weidhase. Bis die Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH von ihrem Hausrecht Gebrauch machte und das Pony mithilfe der Polizei des Platzes verwies.

Kurdirektion: Gesetze sind Gesetze

"Wir wollen sicher keine Spielverderber sein", sagt Kurdirektor Olaf Raffel. "Aber so geht das nicht. Ein Pferd ist hier nicht erlaubt." Schließlich müsse man sich an Gesetze halten. "Wenn wir einer Person erlauben, ein bestimmtes Tier mitzubringen, wie soll das dann enden? Gehen hier dann bald Alpakas spazieren?", fragt er weiter. Ganz abgesehen davon, dass ein Pferd ein Fluchttier sei, durchgehen und so andere gefährden könne.

Sonja Weidhase mit ihrem Shetlandpony "Fritzi" und mit ihrer Freundin Renate Heins. © NDR Foto: Catherine Grim
Sonja Weidhase und ihre Freundin Renate Heins gehen oft gemeinsam mit "Fritzi" spazieren.
Attest von Ergotherapeutin: Seniorin ist auf "Fritzi" angewiesen

Sonja Weidhase kann das nicht verstehen. "Fritzi ist absolut friedlich, nicht wahr, Fritzi?", sagt sie, während sie ihm ein Leckerli zusteckt. Nach dem Platzverweis ist sie aktiv geworden, hat den Deichverband angeschrieben und sich von einer Ergotherapeutin bestätigen lassen, dass sie das Tier aus gesundheitlichen Gründen als Begleitung braucht. All das hat sie mit einem zweiseitigen Anschreiben an die Kurdirektion geschickt. Jetzt wartet sie auf Antwort.

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