Vom Festivalmüll zum Accessoire: Taschen aus alten Zelten
Studierende aus Braunschweig sammeln die Zelte, die Festivalbesucher zurückgelassen haben. Mithilfe von regionalen Schneidereien werden daraus Bauchtaschen, die sie wiederum auf Festivals verkaufen.
Nele Witthöft und sieben weitere Studierende aus Braunschweig gehen für ihr Projekt auf Festivals. Nicht wegen der Live-Musik, sondern wegen des Mülls. Sie sammeln die kaputten Zelte der Besucherinnen und Besucher ein und verarbeiten sie zu Bauchtaschen. Mit ihrem Upcycling-Projekt sind sie Teil des enactus-Vereins in Braunschweig. Sie setzen sich dafür ein, die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Ihre Bauchtauschen aus alten Zelten sollen zeigen, wie nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion funktionieren können.
Sammeln, säubern, umarbeiten
Die Studierenden sammeln die kaputten Zelte direkt auf den Festivals ein. "Das heißt, die sind komplett dreckig. Wir müssen die erst mal waschen und säubern", erklärt die Masterstudentin Antonia Schultz. Allein auf einem Festival im Harz haben sie und die anderen Projektbeteiligten 30 kaputte Zelte eingesammelt. Auch alte Pavillons und Stühle wurden schon bei der Projektgruppe abgegeben. Bevor die Zelte umgearbeitet werden können, müssen noch die Reißverschlüsse und Ösen abgeschnitten werden. Diese Teile können derzeit noch nicht weiterverwendet werden. Antonia Schultz und die anderen wollen das perspektivisch ändern.
Ein Zelt reicht für zehn Bauchtaschen
Die Stoffstücke bringen die Studierenden dann zu Nähereien in der Umgebung, so möchten sie auch die regionale Wirtschaft unterstützen. Aus einem Zelt können so laut Projektgruppe rund zehn Bauchtaschen entstehen. Am Ende landen die Bauchtaschen wieder auf den Festivals, und zwar als Merch. Die Festivals können ihr eigenes Logo darauf kleben und die Unikate verkaufen. Zwischen 30 und 40 Euro kostet eine Tasche, so Witthöft . Den Großteil des Geldes benötigen sie für Materialien, wie zum Beispiel neue Reißverschlüsse, oder die Schneidereien. Die Studierenden verdienen pro Bauchtasche nur ungefähr einen bis zwei Euro.
Festivals verursachen eine Menge Müll
"Unser größtes Ziel ist es, Müll zu vermeiden und darauf aufmerksam zu machen, wie viel unnötiger Müll einfach auf Festivals entsteht", erzählt Antonia Schultz. Auf großen deutschen Festivals, wie dem Hurricane oder auch in Wacken, bleiben zehntausende Zelte zurück, schätzt die Plattform "Green Music Initiative". Die Gruppe aus Braunschweig war bisher auf kleineren Veranstaltungen unterwegs, aber auch dort zeigt sich: die billigen Zelte gehen schnell kaputt und landen im Müll.
Auf diesen Festivals hat das Projekt bisher Zelte eingesammelt:
- Lunatic Festival in Lüneburg
- Summertime in Wolfenbüttel
- SNNTG in Sehnde
- Rocken am Brocken in Elend bei Sorge
- Beach Bitch Rock Festival in Alfeld
Die Branche verändert sich
Nele Witthöft merkt aber auch, dass sich immer mehr Veranstalter von Musikfestivals mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Schon allein deshalb, weil es ihr und den anderen erlaubt wird, ihren Stand aufzubauen und die Zelte einzusammeln. Auch größere Festivals bieten sogenanntes Green Camping mit Mülltrennung direkt auf dem Gelände an. Auf dem Hurricane können Besucherinnen und Besucher zum Beispiel Müllsäcke abgeben, die in Spenden an gemeinnützige Projekte umgewandelt werden.
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