VIDEO: Suche nach Arian mit Menschenkette und Reiterstaffel (1 Min)

Vermisster Arian aus Bremervörde: Auch größte Suche bislang erfolglos

Stand: 28.04.2024 21:44 Uhr

Am Sonntag wurde die bislang größte Suchaktion seit dem Verschwinden von Arian aus Bremervörde gestartet. Zeitweise bis zu 1.200 Einsatzkräfte beteiligten sich an Land und zu Wasser an der Maßnahme.

Trotz des bisher größten Sucheinsatzes sei das Kind bis zum Nachmittag nicht gefunden worden, sagte ein Polizeisprecher. Man habe aber weiter Hoffnung, Arian lebend zu finden. "Aufgeben ist für uns noch keine Option", sagte eine Sprecherin. "Wir suchen weiter Tag und Nacht."

Wegen des unwegsamen Geländes und der Notwendigkeit, Helfer durch Reservekräfte abzulösen, habe der Einsatz länger gedauert als erwartet, teilte die Polizei am Sonntagabend mit. Die Ergebnisse der Suche würden in der Nacht ausgewertet, um am Montagmorgen "gezielt weiteren möglichen Ermittlungsansätzen" nachzugehen.

Keine Spur von Arian

Mit rund 800 Helfern wurde am Sonntag eine koordinierte Menschenkette von 1.500 Metern Länge gebildet, die laut Polizei systematisch jeden Winkel des Geländes abgesucht hat. Von der Ortschaft Kranenburg aus hatten sich die Einsatzkräfte am Vormittag in Richtung Süden bis nach Elm vorgearbeitet. "In diesem Bereich wurden in den letzten Tagen immer wieder Fußspuren gefunden, die von Arian stammen könnten", teilte die Polizei am Sonntagvormittag mit. Am Nachmittag stellte sich nach Informationen von NDR Niedersachsen heraus, dass keine dieser Spuren Arian zugeordnet werden konnte.

Suchtrupps für schwierige Orte

Die Kräfte der Kette waren mit GPS-Trackern ausgestattet, damit die Kette auf gleicher Höhe bleiben konnte. Unmittelbar dahinter waren kleine Suchtrupps unterwegs, um schwer zu überwindende Orten wie dichtes Gestrüpp zu durchsuchen. "Eine derart große Suchmaßnahme habe ich zuvor noch nicht geleitet", sagte Jörg Wesemann, Gesamteinsatzleiter der Polizei Rotenburg.

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Pferdestaffel und Drohnen im Einsatz

Laut Feuerwehr Steinhude wurde für den Einsatz auch ein sogenanntes Hovercraft angefordert. Das Luftkissenfahrzeug eignet sich demnach gut für Personensuchen auf überschwemmten Wiesen. Auch eine Pferdestaffel war vor Ort, um aus erhöhter Sicht Gräben in Augenschein zu nehmen. Zehn Drohnen unterstützten den Einsatz.

Kein Datum für das Ende der Suche

Es gebe bisher kein Enddatum, wann die Suche abgebrochen werde, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. "Die große Anzahl an Kräften", die am Sonntag im Einsatz gewesen sei, "zeigt, dass wir immer noch die Hoffnung haben." Sollte Arian weiter nicht gefunden werden, werde man die Suche auch am Montag fortsetzen. Viele Ehrenamtliche, die sich am Wochenende an der Suche nach Arian beteiligt hatten, werden von ihren Arbeitgebern wohl auch zu Wochenbeginn für den Einsatz freigestellt, sagte eine Polizeisprecherin dem NDR Niedersachsen.

"Leise Strategie" hat nicht zum Erfolg geführt

In der Nacht zu Sonntag hatten die Suchtrupps wie schon in der Nacht zuvor Lärm vermieden, in der Hoffnung, dass sich der Sechsjährige dann zu erkennen gibt. Vorher wurde unter anderem laute Musik abgespielt oder Feuerwerk abgebrannt, weil der autistische Junge dies möge. Am Samstag waren rund 400 Bundeswehrsoldaten sowie zahlreiche Polizeibeamte im Einsatz, die eigentlich frei hatten. Sie hatten sich nach einem internen Aufruf der Polizei gemeldet und unterstützten die Suchmannschaften.

Landwirte sollen Felder nicht mähen

Am Samstagmittag waren die Landwirte der Gegend dringend gebeten worden, auf Mäharbeiten vorerst zu verzichten. Es sei nicht auszuschließen, dass der Sechsjährige auf einem der Felder rund um den Ortsteil Elm Zuflucht gesucht habe, teilten die Behörden mit. Unterdessen suchten Einsatzkräfte auf und am Fluss Oste weiter nach Arian. Zum Einsatz kamen dabei erneut mehrere Sonarboote. Eine neue Spur sei aber nicht entdeckt worden, sagte ein Sprecher der Polizei am Samstagnachmittag. Weitere Einsatzkräfte durchkämmten das Gebiet zwischen Elm und der Gemeinde Oldendorf.

Etwaiger Wolfsangriff unwahrscheinlich

Ein Polizeisprecher sagte am Samstag, es gebe keine Hinweise auf einen Kriminalfall. Einen etwaigen Wolfsangriff schloss er auch aus. Ein Wolfsberater des Landkreises Rotenburg hält das ebenfalls für unwahrscheinlich. Wolfgang Albrecht sagte, Gefahr bestehe nur in Sonderfällen, etwa wenn ein Wolf sich angegriffen fühle.

Soldaten mit Nachtsichtgeräten im Einsatz

"Aufhören", das hört man im Bremervörder Ortsteil Elm immer wieder, das sei keine Option. In der Nacht von Freitag auf Samstag hatten die Rettungskräfte ihre Strategie geändert: Hatte man in den ersten vier Nächten mit großen Scheinwerfern, Feuerwerk und Musik versucht, den Sechsjährigen hervorzulocken, gab es nun eine leise Suche, um Arian nicht zu erschrecken. Rund 200 Soldatinnen und Soldaten suchten in kleinen Gruppen mit Nachtsichtgeräten in Elm und nordwestlich des Ortes nach dem vermissten Kind. Die Einsatzstrategie sei unter anderem mit einer Expertin für Autismus abgestimmt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Freitagabend.

Kleingruppen durchsuchen den Ortsteil Elm

Am Freitag hatte sich der Einsatz erneut auf den Fluss Oste nordwestlich von Elm und den Ortsteil Elm selbst konzentriert. Auch dabei wurde die Strategie angepasst: Die Einsatzkräfte bildeten kleine Gruppen statt Ketten, wie ein Polizeisprecher sagte. Auch seien neue Suchkorridore eingerichtet worden. Entlang der Oste wurde der Fluss nach Norden Richtung Kranenburg abgesucht. Die Sorge, dass der Junge ins Wasser gefallen sein könnte, ist groß. Im Laufe des Nachmittags trafen 150 weitere Soldatinnen und Soldaten des Objektschutzregiments der Luftwaffe in Schortens (Landkreis Friesland) in Bremervörde ein, um zu unterstützen. Am Donnerstag waren bereits rund 250 Soldatinnen und -soldaten vom Heeres-Standort Seedorf (Landkreis Rotenburg) eingetroffen, um bei der Suche zu helfen.

Müllabfuhr abgesagt, Gullydeckel geöffnet

Zudem war die Müllabfuhr laut Feuerwehr am Freitag abgesagt worden, damit die Helferinnen und Helfer in den Tonnen nach dem Jungen suchen konnten. Außerdem waren Gullydeckel, Schuppen und Garagen geöffnet worden. Bei der Suche legten die Einsatzkräfte nach Informationen von NDR Niedersachsen auch einen Schwerpunkt auf die Kanalisation. Weil Arian autistisch ist, könne er sich laut Polizei nicht artikulieren und nicht auf Ansprache reagieren - also auch nicht darauf, wenn sein Name gerufen wird.

Lichtkegel, Feuerwerk und Kinderlieder sollten Arian anlocken

In der Nacht zu Freitag hatte die Polizei im Suchgebiet Scheinwerfer aufgestellt, die einen Lichtkegel in den Himmel projizierten, und bis in den Morgen Kinderlieder gespielt. Die Polizei hoffte so, einen Anreiz für den vermissten Jungen zu setzen. "Auf so etwas reagiert der Junge möglicherweise positiv", sagte ein Sprecher. In den Nächten zuvor brannten die Helfer unter anderem ein Feuerwerk ab, da der Junge dies angeblich möge, wie ein Polizeisprecher sagte. In einem Waldgebiet, das an das Wohnhaus der Familie des Jungen angrenzt, hängte die Feuerwehr auf Wunsch der Eltern Luftballons und Süßigkeiten auf. Im Wald positionierten die Rettungskräfte zudem Wildtierkameras: Bewegt sich der Junge vor einer von ihnen, löst die Kamera aus und informiert die Polizei.

Sechsjähriger ist ohne Jacke und Schuhe unterwegs

Dass die Lage ernst ist, betonen die Einsatzkräfte immer wieder: Laut Polizei hat der Junge sein Zuhause am Montagabend nur leicht bekleidet verlassen: mit einem ocker-gelben langärmligen Pullover, einer schwarzen Jogginghose - und ohne Schuhe. Das zeigten auch Bilder aus einer privaten Überwachungskamera im Umfeld.

"Sehr beeindruckend, wie motiviert die Einsatzkräfte hier vorgehen"

Polizei, Feuerwehr, Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) sind seit Montagabend im Großeinsatz - mit umfangreichem technischen Gerät. "Es ist sehr beeindruckend, wie motiviert die Einsatzkräfte hier vorgehen", sagte Stadtbrandmeister Schwarz dem NDR Niedersachsen. In Elm seien das Bürgerhaus, die Turnhalle und das Feuerwehrgerätehaus geöffnet worden. "Sämtliche Unterstützung, die wir den Einsatzkräften hier geben können, bekommen sie von uns", sagte Elms Ortsbürgermeister Erich Gajdzik (CDU) dem NDR Niedersachsen.

Polizei bittet um Hinweise

Die Polizei in Bremervörde hat ein Hinweistelefon eingerichtet. Wer etwas zum Aufenthaltsort des Jungen sagen kann, wird gebeten, sich unter der Telefonnummer (04761) 7489-135 oder -144 zu melden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 28.04.2024 | 18:00 Uhr

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