Ein Trecker auf einem Landwirtschaftlich genutzten Feld durchpflügt einen Acker. (Themenbild) © NDR Foto: Julius Matuschik

Neue Bauern-Kampagne: Mit Humor gegen Hass-Nachrichten

Stand: 17.09.2024 15:31 Uhr

Spätestens seit den Bauernprotesten polarisieren Landwirte in der Gesellschaft. Bauern aus dem nordöstlichen Niedersachsen wollen nun mit viel Humor und großer Offenheit Vorurteile "ausmisten".

von Maximilian Seib

Die Kommentare im Netz zum Thema Landwirtschaft reichen von wüsten Beschimpfungen bis zu kuriosen Vorurteilen:

  • "Die mit ihrer Drecksgülle vergiften die Böden und das Grundwasser."
  • "Die Scheiß Drecksbauern sollen ihre dämliche Fresse halten."
  • "Leben da wie die Bonzen als Bauern und heulen rum lol."
  • "Aus dem Leben eines Landwirtes: Rausch ausschlafen, Trecker fahren, Schützenfest, Schützenfest, Schützenfest, Schützenfest, Sommerfest, Saufen, Subunternehmer beauftragen."

Für Lena Bergmann, Ackerbäuerin aus Neetze im Kreis Lüneburg, bestätigen diese Kommentare in den sozialen Medien einen Eindruck, den sie zunehmend hat: Dass viele Menschen sich von der Landwirtschaft entfernt hätten und viel Unwissenheit herrsche.

Video-Clip, Plakate und Kino

Das Bild zeigt Lena Bergmann in einer Interview-Situation. © NDR
"Wir wollen Offenheit signalisieren, mit Vorurteilen aufräumen", sagt Ackerbäuerin Lena Bergmann.

Deswegen geht sie mit anderen Bauern aus der Region nun in die Offensive: "Wir wollen Offenheit signalisieren, mit Vorurteilen aufräumen und ganz offen zeigen, wer wir sind und was wir machen." Im Zuge der neuen Kampagne des Bauernverbands Nordostniedersachsen reagieren Lena Bergmann und ihre Kollegen unter anderem in einem Video-Clip mit Humor und Transparenz auf Kommentare aus dem Netz. Außerdem planen sie eine Plakat-Kampagne und Kinospots.

Mit Humor in den Dialog

"Ich glaube, wenn Fronten verhärtet sind, ist Humor ein guter Einstieg, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Auch um zu verdeutlichen, dass wir Menschen sind, dass wir Gefühle haben, dass wir keine Buhmänner sind", so Bergmann. Seit acht Generationen betreibt ihre Familie in Neetze Ackerbau. Mit 31 Jahren hat Lena Bergmann in diesem Sommer den Hof ihrer Eltern übernommen. Die Landwirtschaft soll ihre Zukunft sein. 

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Konstruktiver Dialog im Netz kaum möglich

Von persönlichen Anfeindungen oder Hassnachrichten bleibt Lena Bergmann in ihrem Alltag verschont - wie die meisten ihrer Kollegen: "Ich persönlich kriege von Angesicht zu Angesicht gar nicht so viel negatives Feedback. Man merkt schon, dass sich das viel auf soziale Medien und das Internet konzentriert." Dort hat sie selbst schon versucht, mit Kritikern ins Gespräch zu kommen. Weit gekommen ist sie damit nicht: "Viele haben ihre festgefahrene Meinung und wollen gar nicht unsere Sicht dazu hören. Es ist irgendwann ermüdend, wenn man immer wieder versucht, mit sachlichen Argumenten zu kommen und die einfach versanden", sagt Bergmann.

Bauernproteste haben stark polarisiert

Ähnlich erlebt das auch Landwirt Leonard Hyfing. Er betreibt in Altenmedingen im Landkreis Uelzen Ackerbau und Viehzucht. Dass Landwirte polarisieren, habe sich durch die Bauernproteste Anfang des Jahres deutlich verstärkt. Damals hätte er auf Demos von der einen Seite Süßigkeiten bekommen, von der anderen seien ihm Stinkefinger gezeigt worden. Dabei seien die Proteste ein wichtiger Teil des demokratischen Diskurses.

"Es gibt natürlich rechte Bauern"

Das Bild zeigt Leonard Hyfing während eines Interviews. © NDR
"Bauern sind ein Spiegel der Gesellschaft", sagt Landwirt Leonard Hyfing.

Das Vorurteil, das im Zuge der Proteste aufkam, dass viele Landwirte rechts oder demokratiefeindlich seien, will Hyfing nicht stehen lassen: "Die Bauern sind ein Spiegel der Gesellschaft. Es gibt natürlich rechte Bauern, die ganz klar ihre Position vertreten. Es gibt auch ganz links Bauern, die auch utopische Ideen haben. Aber der große Teil ist in der Mitte und eine Stütze der Gesellschaft."

Mit der Kampagne Kritiker erreichen

Hyfing selbst ist als Bürgermeister der Gemeinde Altenmedingen in der Kommunalpolitik tätig. Er hofft, mit der Initiative Menschen zu erreichen, die der Landwirtschaft kritisch gegenüberstehen. Bei vielen sei das Verständnis überhaupt nicht mehr da. "Es hilft nichts, zu sagen: Ich will nichts damit zu tun haben. Das ist ja auch das Ziel der Kampagne. Zu sagen: 'Okay, wir haben verstanden, dass da eine Lücke ist. Daran müssen wir arbeiten - und zwar gemeinsam.'"

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