Landrat aus Bayern will gesamten Atommüll nach Gorleben bringen
Ein Landrat aus Bayern hat vorgeschlagen, alle Atommüllzwischenlager Deutschlands in Gorleben zusammenzulegen. Umweltschützer und die Politik haben fassungslos auf den Vorschlag reagiert.
Solange es noch kein Endlager gebe, sollte der gesamte hochradioaktive deutsche Atommüll zentral ins Zwischenlager Gorleben gebracht werden, hieß es in einer öffentlichen Erklärung des Landkreises Landshut. Ein Zwischenlager sei besser zu überwachen als 17 verschiedene, argumentierte der bayerische Landrat Peter Dreier (Freie Wähler). Außerdem stehe in Gorleben eine Anlage, die sogenannte Pilotkonditionierungsanlage (PKA), in der defekte Castoren repariert werden könnten. Würde man dem Vorschlag des Landshuter Landrates folgen, müssten rund 1.900 Castor-Behälter nach Gorleben transportiert werden. Das wären über 200 Transporte, die von der Polizei gesichert werden müssten.
Umweltminister Meyer: Heuchlerische Forderung
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) lehnt Dreiers Vorschlag vehement ab. "Die Forderung aus Bayern ist an Dreistigkeit und Unverschämtheit nicht zu überbieten. Bayern als Atommülllager auszuschließen und jetzt noch zu meinen, der gesamte bayrische Atommüll soll nach Niedersachsen kommen, das ist eine sehr heuchlerische, eine unverantwortliche Forderung, die wir natürlich in Niedersachsen ablehnen", sagte Meyer. Es könne nicht sein, dass sich Bayern komplett der Verantwortung entziehe.
Bürgerinitiative spricht von "Dreistigkeit"
Auch der Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke, bezeichnete den Vorstoß als "eine Mischung aus Dreistigkeit und Unkenntnis der Lage in Gorleben". Die Initiative bewertet das dortige Zwischenlager schon lange als unsicher. Außerdem will die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) die PKA zur Reparatur von Atommüllbehältern abreißen, weil sie veraltet ist. Darüber hinaus läuft die Genehmigung für das Zwischenlager Gorleben 2034 aus. Im bayerischen Landkreis Landshut steht ebenfalls ein Zwischenlager - dieses ist nach Angaben der BGZ bis 2047 genehmigt.
Suche nach Endlager könnte noch Jahrzehnte dauern
Kürzlich hat ein Gutachten, das vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) beauftragt wurde, ergeben, dass im besten Fall erst 2074 - also in 50 Jahren - ein Standort für ein geeignetes Endlager genannt werden kann. Bis die Lagerstätte gebaut und befüllt ist, werden weitere Jahrzehnte vergehen. Für die Zwischenlager müssen also neue Betriebsgenehmigungen beantragt werden. Der Salzstock Gorleben, der über Jahre favorisiert war, wurde im Herbst 2020 aus dem Auswahlverfahren für ein Endlager gestrichen, weil er als ungeeignet gilt.