Ärztin aus Vechelde im "Reichsbürger"-Prozess: "Bin Waffengegnerin"
Im Prozess gegen die mutmaßlich terroristische "Reichsbürger"-Gruppe um Prinz Reuß vor dem Oberlandesgericht München sagt seit Dienstag erstmals eine Ärztin aus Vechelde aus. Sie gilt als eine der Hauptangeklagten.
Die 58-jährige Medizinerin aus Vechelde im Landkreis Peine habe eine 351 Seiten umfassende Einlassung vorbereitet und sie angefangen vorzutragen, sagte Laurent Lafleur, Sprecher des Oberlandesgerichts München dem NDR Niedersachsen. In der Erklärung sei es am Vormittag vor allem um ihren Werdegang, die Kindheit, Jugend und Ausbildung sowie ihr Familienleben gegangen. Aber Melanie R. habe bereits zu Beginn des Prozesstages angekündigt, sich noch zu den eigentlichen Tatvorwürfen zu äußern. Melanie R. betonte zudem, dass sie Pazifistin und Waffengegnerin sei. "Reichsbürger" und Neonazis würden ihr Angst machen. Für die Aussage waren zunächst zwei Prozesstage angesetzt.
Anklage: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung
Der Generalbundesanwalt wirft Melanie R. und weiteren Angeklagten die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Die Gruppe um Prinz Reuß hat laut Anklage durch einen Umsturz die bestehende staatliche Ordnung gewaltsam beseitigen und eine eigene Regierung etablieren wollen. Die 58-Jährige soll sich der Gruppe spätestens im Februar 2022 angeschlossen und dem sogenannten Rat angehört haben. Demnach sollte sie nach dem geplanten Putsch den Posten einer Art Gesundheitsministerin übernehmen. Die Ärztin soll der Gruppe laut Generalbundesanwalt rund 47.000 Euro zur Verfügung gestellt haben. Das Geld wurde laut Anklage unter anderem für Schießtrainings verwendet.
Ärztin spricht über hawaiianisches Vergebungsritual
Einer der beiden Verteidiger der Ärztin, Volkmar Wissgott, sagte dem NDR Niedersachsen über ihre Aussage: "Unsere Mandantin hat deutlich gemacht, dass sie jegliche Form von Gewalt ablehnt. Dass sie keine Reichsbürgerin ist, keine Antisemitin, keine Impfgegnerin, keine Corona-Leugnerin, keine Esoterikerin. Also diesen ideologischen Hintergrund, der ihr in der Anklage vorgeworfen wird, hat sie zurückgewiesen und das auch begründet", sagte Wissgott. Die Hausärztin berichtete in ihrer Einlassung am Dienstag auch, dass sie alleine und auch in einer kleinen Gruppe das hawaiianische Vergebungsritual "Ho'oponopono" praktiziert habe. Das sei ein Verfahren, um Gedankengut von verstörenden Informationen zu reinigen.
Weitere Angeklagte aus Niedersachsen
Der Prozess um die Reichsbürger-Gruppe um Prinz Reuß ist einer der größten Terrorprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik. Neben München laufen weitere Prozesse in Stuttgart und Frankfurt. Vor dem Oberlandesgericht in München muss sich noch der Anwalt Paul G. aus Hannover verantworten. Er sollte laut Bundesanwaltschaft Außenminister in der Putschregierung werden. Bisher hat er nicht ausgesagt. In Frankfurt am Main läuft ein Prozess gegen den ehemaligen Polizeibeamten Michael Fritsch aus Hannover. Er soll Mitglied im "militärischen Arm" der Gruppe gewesen sein. Das Verfahren in München war im Juni 2024 gestartet. Bislang hat das Gericht Termine bis zum Januar 2026 angekündigt.
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