Wegen Theaterstücks an Schule: Gericht weist Klage von AfD ab
Das Verwaltungsgericht Hannover hat eine Klage der AfD Niedersachsen abgewiesen. Die Partei war wegen der Aufführung von "Danke dafür, AfD" an einer Schule in Osnabrück gegen das Kultusministerium vor Gericht gezogen.
Das Interesse aufseiten der AfD war am Mittwoch im Sitzungssaal 1 des Verwaltungsgerichts in Hannover groß. Gleich mehrere Vertreter waren gekommen. Die Partei hatte das Kultusministerium in Niedersachsen verklagt. Der Vorwurf: Ein Theaterstück des elften Jahrgangs der Gesamtschule Schinkel in Osnabrück sei eine unzulässige Parteinahme. Schülerinnen und Schüler hatten sich 2019 in dem Stück "Danke dafür, AfD" kritisch mit Äußerungen der Partei auseinandergesetzt. Das sei eine Neutralitätsverletzung des Staates, findet die AfD. Schulen seien kein Raum für politischen Aktivismus. Die Lehrkräfte hätten eingreifen müssen.
Gericht: Theaterstück durch Kunstfreiheit gedeckt
Die Richter haben hingegen nicht nachvollziehen können, worin die AfD sich angegriffen gefühlt habe. Die Richter hielten fest: Grundsätzlich seien die einzelnen Passagen des Stücks durch die Kunstfreiheit gedeckt. Denn sie würden verschiedene Interpretationen zulassen. Die Lehrkräfte hätten zudem nicht eingreifen müssen, weil die gewählte Darstellungsform - ein interaktives Theater - nicht zum Ziel hatte, politisch ausgewogen zu seien.
Ministerium: AfD wolle Deutungshoheit erlangen
Die Vertreterin des Kultusministeriums äußerte sich nur an wenigen Stellen - meist, um Vorwürfe der AfD zurückzuweisen. Die Urteilsverkündung selbst wollte sie nach der Sitzungsunterbrechung nicht abwarten. Ihr reiche eine Mitteilung, erklärte sie. Als Begründung hieß es im Anschluss: Das Gerichtsurteil sei zu erwarten gewesen. "Wir beobachten zunehmend, dass diese Partei versucht, Einfluss auf Schulen und junge Menschen zu nehmen“, schreibt das Kultusministerium auf Nachfrage des NDR Niedersachsen. Die AfD wolle mit diesen Klagen die Deutungshoheit erlangen, so das Ministerium.
AfD-Vertreter warteten Urteilsverkündung ab
Die Vertreter der AfD hingegen blieben im Gerichtsgebäude. Mit echten Erfolgschancen hatte die AfD möglicherweise nicht gerechnet. So fielen beiläufig im Gerichtsgebäude in der Verhandlungspause in Gesprächen unter anwesenden AfD-Vertretern Aussagen wie: Es gehe hier nur um "Ruhm und Ehre“ oder es sei besser, eine Klage zu platzieren und in die Medien zu kommen, als Geld für Werbung zu bezahlen.
Worum ging es eigentlich?
In dem 45 Minuten langen Stück hatten die rund 15 Schülerinnen und Schüler Politiker-Zitate und Social-Media-Posts mit ihren eigenen Gedanken verknüpft. Etwa die Frauke-Petry-Äußerung zum Schießbefehl gegen "illegale" Flüchtlinge oder die des damaligen AfD-Chefs Alexander Gauland, der den Nationalsozialismus einen "Fliegenschiss" in der deutschen Geschichte nannte. Das Stück führten die Schüler nicht auf einer Bühne auf, sondern interaktiv im Schulgebäude. 70 Zuschauer sahen sich das Theaterstück der Gesamtschule an. Und: Das Stück wurde vom niedersächsischen Kultusministerium beim Schülerfriedenspreis 2019 mit dem Zivilcourage-Preis ausgezeichnet.
AfD äußerte mehrfach Kritik an Schulen in Niedersachsen
Bereits in der Vergangenheit hat die AfD Kritik an den Schulen und Universitäten in Niedersachsen geäußert. 2018 wollte die Partei ein Online-"Meldeportal" einrichten, über das vermeintlich parteikritische Lehrkräfte denunziert werden sollten. Im Wahlprogramm zur Landtagswahl 2022 heißt es zudem: Schulen seien "zu einem Experimentierfeld linker Ideologen und praxisferner Theoretiker geworden".