Verbrechen und Migration: Kriminologen fordern sachliche Debatte
Strafrechtler der Leibniz Universität Hannover warnen in einer Erklärung davor, Gewalttaten wie in Aschaffenburg politisch zu instrumentalisieren. Kriminalität sei keine Folge der Staatsangehörigkeit, so die Experten.
Der tödliche Messerangriff auf eine Kindergruppe in Aschaffenburg im Januar habe eine hitzige Debatte über Kriminalität und Migration entfacht, heißt es in der Stellungnahme, die Anfang dieser Woche auf der Webseite der Kriminalpolitischen Zeitschrift (KriPoZ) veröffentlicht wurde. Emotionale Reaktionen und politische Schnellschüsse verdrängten die sachliche Analyse, populistische Instrumentalisierungen und verzerrte mediale Darstellungen prägten die Debatte. Verfasst haben die Erklärung die beiden Leiter des Kriminalwissenschaftliches Instituts an der Leibniz Universität Hannover, Susanne Beck und Bernd-Dieter Meier.
Mehr als 60 Kriminologen haben unterschrieben
Die beiden Professoren warnen darin davor, Straftaten reflexhaft mit migrationspolitischen Maßnahmen wie der Einschränkung des Familiennachzugs oder pauschalen Abschiebeforderungen zu verknüpfen. Stattdessen brauche es eine "rationale Kriminalpolitik", die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt und verfassungskonforme, nachhaltige Lösungen entwickelt. "Kriminalität ist keine Folge der Staatsangehörigkeit", heißt es weiter in dem Aufruf, den mehr als 60 Strafrechtswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen aus ganz Deutschland unterschrieben haben. Ein sachlicher, wissenschaftlich fundierter Umgang mit Kriminalität sei essenziell, um wirksame, nachhaltige und verfassungskonforme Lösungen zu entwickeln.
Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern:
- eine rationale, empiriebasierte Analyse
- einen sachlichen Umgang mit Kriminalstatistiken
- die Berücksichtigung kriminologischer Erkenntnisse bei Gesetzesvorhaben
- die Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Strafrecht
- die Trennung von Straf- und Aufenthaltsrecht
Weitere Unterzeichner aus Niedersachsen sind der Strafrechtswissenschaftler Kai Ambos von der Universität Göttingen sowie die Lehrkräfte und wissenschaftlichen Mitarbeiter Maximilian Nussbaum und Yann Romund von der Leibniz Universität Hannover.
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