TikTok statt Praktikumsbericht: Pilotprojekt an Schule in Hildesheim
Praktikumsbericht mal anders: Bei einem Pilotprojekt in Hildesheim drehen Schülerinnen und Schüler ein Video über ihr Schülerpraktikum im TikTok-Format. Das Projekt zeigt die Chancen und Risiken digitaler Bildung.
Mit einem routiniert-lässigen "Let’s go!" beginnt Luka Szymanski sein Video vor dem Warenregal im Drogeriemarkt. Ein Praktikumstag voller Aufgaben wartet auf den 15-jährigen Schüler: Produkte einräumen, Expresskäufe verpacken, kassieren. Doch Luka hat noch einen weiteren Auftrag: Alles mit der Kamera festhalten, damit er hinterher ein TikTok-Video über sein Praktikum schneiden kann. Also zückt er immer wieder sein Handy, hält es vor die Brust und filmt den Alltag aus seiner Perspektive.
Kreativität und Kommunikation durch TikTok?
Hinter dem TikTok-Projekt in der neunten Klasse der Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim steht das gemeinnützige Start-up-Unternehmen "Digital School Story". Eine Studie des Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik hat gezeigt, dass dessen Methode die Kreativität und Kommunikationsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler fördern kann. Nun wird in Hildesheim erstmals erprobt, wie die TikTok-Methode in der beruflichen Orientierung eingesetzt werden kann.
Praktikumsvideo: Schüler will mit Vorurteilen aufräumen
"Es gibt ja Vorurteile, von wegen, dass man im Drogeriemarkt nur Ware verräumt", sagt Luka. Damit habe er in seinem Video aufräumen wollen. "Der Alltag kann viel anstrengender sein, als man sich das vorstellt." Den Arbeitstag dokumentiert er auch für seine Mitschülerinnen und Mitschüler, die sich das Video später auf der internen Schulplattform anschauen können und so einen Einblick in den Beruf bekommen.
Soziale Medien in der Schule - pro und contra
Felicitas Macgilchrist forscht an der Universität Oldenburg zu Bildung im digitalen Zeitalter. Sie befürwortet die Idee, soziale Medien in der Schule einzubeziehen: "Die jungen Menschen heute leben in digitalen Welten. Und dann kann man das nutzen, was sie sowieso schon in ihrer Freizeit haben", so die Professorin. Der Lerneffekt sei dann größer. Allerdings gebe es auch Risiken, etwa im Zusammenhang mit Cybermobbing und der Datensammelwut sozialer Medien. Daher müsse der Medienkonsum im Unterricht auch kritisch reflektiert werden.
Blick in die Zukunft: TikTok statt Praktikumsbericht?
Ob die Videos den herkömmlichen Praktikumsbericht ersetzen können, bleibt abzuwarten. Ein erster Erfahrungsaustausch an der Robert-Bosch-Gesamtschule hat gezeigt, dass die Videos mehr Tiefe benötigen, um den Bericht vollwertig ersetzen zu können. Doch für Luka steht fest: "Zu mir passen die Videos einfach, weil ich eine Person bin, die Abwechslung braucht." Er wird in den Drogeriemarkt zurückkehren - für einen Ferienjob.