Sexueller Kindesmissbrauch? Vermeintlicher Babysitter vor Gericht
Stand: 29.07.2024 15:15 Uhr
Weil er mehrere Kinder sexuell schwer missbraucht haben soll, muss sich ein 32-Jähriger vor dem Landgericht Hannover verantworten. Er soll sich über Jahre als Babysitter angeboten und an Kindern vergangen haben.
Laut Anklage geht es um 30 Straftaten, die dem Mann aus Hannover vorgeworfen werden. Zwischen 2017 und 2023 soll er sexuelle Gewalt an acht Kindern zwischen zehn Monaten und sieben Jahren verübt haben, darunter an seiner eigenen Nichte. Der 32-Jährige soll eine "pädosexuelle Neigung zu Mädchen im Kleinkindalter" haben, sagte der Staatsanwalt zum Prozessauftakt am Montag.
Beim interaktiven theaterpädagogischen Projekt "Mein Körper gehört mir" geht es auch um sexuellen Missbrauch. (25.11.2023)
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Rund 122.000 pornografische Bilder
Wie die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (HAZ) berichtet, soll der Mann seine Opfer in Nacktposen abgelichtet und teilweise auch sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen haben. Von der sexuellen Gewalt soll der Mann auch Bild- und Videoaufnahmen angefertigt haben und diese in bekannten Foren zur Verfügung gestellt haben. Außerdem soll er über Messenger-Dienste und im Darknet pornografische Bilder und Videos in großen Mengen bezogen haben - laut Anklage rund 122.000 Bilder und etwa 17.000 Videos.
Angeklagter äußert sich offenbar - Öffentlichkeit ausgeschlossen
Laut "HAZ" war der Hinweis auf die mutmaßlichen Taten von der Ermittlungsbehörde FBI aus den USA gekommen. Im März vergangenen Jahres wurde er demnach festgenommen. Die Anwältin des Angeklagten erklärte am Montag vor Gericht, der 32-Jährige sei bereit, Angaben zu machen. Für die Dauer seiner Aussage wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Es gehe um intime Details aus dem Leben des Angeklagten, hieß es zur Begründung. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Unterbringung des Mannes in Sicherungsverwahrung. Der 32-Jährige habe einen Hang zu erheblichen Straftaten, hieß es. In dem Prozess sind vier Fortsetzungstermine geplant, ein Urteil könnte am 8. August fallen.
Schwierige Begriffe: Kinderpornografie und Missbrauch
Kinderpornografie ist die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren. Der Herstellung solcher Darstellungen liegt ein realer, oft schwerer sexueller Missbrauch zugrunde. Delikte in diesem Straftatbestand werden mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (Quelle: BKA)
Die Aufarbeitungskommission, die sexuellen Kindesmissbrauch in Deutschland unabhängig aufarbeitet, kritisiert die Bezeichnung: Kinderpornografie sei ein verharmlosender und ungenauer Begriff für Missbrauchsdarstellungen von Kindern auf Fotos, in Filmen und Texten. Der Begriff vermag darüber hinwegtäuschen, dass jede derartige Darstellung eine schwere Straftat ist, so die Kommission.
Der Verein "Wendepunkt" betont, dass bei der Herstellung von Pornografie die Teilnahme in der Regel freiwillig sei. Dafür könne bei Videos oder Fotos, auf denen sexuelle Handlungen mit Kindern gezeigt würden, nicht die Rede sein. Auch der Begriff "Missbrauch" sei nicht angebracht - er schließe ein, dass es im Umkehrschluss so etwas wie einen zulässigen Gebrauch von Kindern geben könne. Stattdessen solle der Begriff "sexuelle Gewalt" genutzt werden, weil sexuelle Handlungen mit Kindern nichts anderes seien.
Die Polizei hingegen verwendet den Begriff "Kinderpornografie" neben Formulierungen wie "Abbildungen von sexuellem Missbrauch von Kindern" oder "Darstellung von sexueller Gewalt", da der Begriff im Strafgesetzbuch als Tatbestand verankert ist. (Quelle: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes)