Organisierte Kriminalität: Finanzieller Schaden deutlich gesunken
Kriminelle Banden haben 2023 weniger finanziellen Schaden in Niedersachsen angerichtet als das Jahr zuvor. Eine neue Plattform soll zukünftig beim Kampf gegen die Organisierte Kriminalität helfen.
Am Montag haben Innenministerin Daniela Behrens und Justizministerin Kathrin Wahlmann (beide SPD) das Lagebild "Organisierte Kriminalität in Niedersachsen 2023" vorgestellt. Demnach führte die niedersächsische Polizei im letzten Jahr 68 Ermittlungsverfahren in dem Bereich - exakt so viele wie 2022. Hinzu kamen 19 weitere Verfahren, in denen Zoll und Bundespolizei im Auftrag von niedersächsischen Staatsanwaltschaften ermittelten. Bei mehr als der Hälfte dieser Verfahren ging es um den internationalen Drogenhandel. "Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist für Justiz und Polizei in Niedersachsen eine dauerhafte und zentrale Schwerpunktaufgabe", sagte Behrens.
Weniger Gewinn für kriminelle Banden
Laut Lagebild lag der durch die Organisierte Kriminalität verursachte Schaden im Jahr 2023 mit 114 Millionen Euro deutlich unter dem Schadensniveau von 468 Millionen im Jahr zuvor. Wichtig dabei sei, dass "herausragende Einzelverfahren mit Schadenssummen von zum Teil über 100 Millionen Euro in einem Einzelverfahren erheblichen Einfluss auf die Statistik" nehmen, wie es in dem Lagebild heißt. Auch die von Kriminellen erzielten Gewinne seien vergangenes Jahr "stark zurückgegangen". Das Ziel sei es, "den organisierten Täterstrukturen ihr schmutziges Geschäft so unattraktiv wie möglich zu machen, indem wir ihnen die kriminell erlangten Gewinne entziehen", so Behrens.
"Über gemeinsame Plattform bündeln wir Informationen"
Täterinnen und Täter der Organisierten Kriminalität würden flexibel, arbeitsteilig, multiethnisch und international agieren und dafür modernste Kommunikationstechnik verwenden, heißt es in dem Lagebild weiter. Sicherheitsbehörden müssten frühzeitig Veränderungen erkennen und geeignet dagegen vorgehen. Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen richte aktuell eine Plattform zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ein, so Behrens. "Über die gemeinsame Plattform bündeln wir die Informationen und Kompetenzen, um eine rasche und gezielte Reaktion auf neue Bedrohungen sicherzustellen".
Drogen als Hauptgeschäftsfeld der Organisierten Kriminalität
"Organisierte Kriminalität" - damit sind nach Definition der Polizei Banden gemeint, die arbeitsteilig nach Gewinn streben und dabei auch Politik und Medien, Wirtschaft und Behörden für ihre Interessen einspannen. Dies könnte bei der Staatsanwaltschaft Hannover passiert sein: Ein Staatsanwalt, der jahrelang für die Bekämpfung von Drogenbanden zuständig war, ist wegen des Verdachts, er könnte Informationen an Kriminelle weitergegeben haben, in Untersuchungshaft. Drogen gelten als Hauptgeschäftsfeld der Organisierten Kriminalität, polizeiintern ist von einer Kokainschwemme die Rede.
Geknackte Kommunikation offenbart Einblicke
Grund für den Anstieg der aufgeklärten Fälle: 2020 gelang es Europol, Kommunikationswege zu hacken, die bis dahin als absolut sicher galten - etwa des Anbieters Enchrochat. Mit Programmen wie diesem hatten sich Schwerstkriminelle im Glauben, völlig abgeschottet zu chatten, zu offenen Drogendeals verabredet. "Diese Kommunikation hat der Polizei enorme Einblicke verschafft. Die Chats waren und sind kostbare Beweismittel gegen die Organisierte Kriminalität", sagte Stefan Franz vom Bund deutscher Kriminalbeamter dem NDR.