297 Millionen Euro Schaden durch Wirtschaftskriminalität
Wirtschaftskriminelle haben im Jahr 2022 so viel Schaden in Niedersachsen verursacht wie seit vier Jahren nicht mehr. Das zeigt eine Auswertung des Landeskriminalamts (LKA).
Wirtschaftskriminelle verursachten insgesamt 297 Millionen Euro Schaden, wie aus dem Lagebild des LKA hervorgeht, das dem NDR Niedersachsen vorliegt. Das sind 51 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Eine höhere Schadenssumme hatte es den Angaben zufolge zuletzt 2018 gegeben (326 Millionen Euro). Dabei wurden mit insgesamt 3.333 Taten 17 Prozent weniger von der Polizei in Niedersachsen erfasst als noch im Vorjahr. Das LKA weist darauf hin, dass die jährlichen Zahlen durch Großverfahren mit vielen Geschädigten stark schwanken können. So auch im Jahr 2022: 150 Millionen Euro Schaden entfallen auf ein einziges Betrugs- und Untreueverfahren in Hannover.
Drei von vier Tatverdächtigen sind Männer
Bei Wirtschaftsdelikten geht es meist um viel Geld. Sie machten vergangenes Jahr knapp die Hälfte des durch Kriminalität insgesamt verursachten Schadens aus (47 Prozent). "Wenige Tatverdächtige schädigen oft eine Vielzahl an Betroffenen und verursachen hohe materielle und auch immaterielle Schäden", schreibt das LKA. Im Vergleich zu anderen Straftaten sind Wirtschaftsdelikte aber auch seltener: Sie machten vergangenes Jahr nur 0,64 Prozent aller erfassten 523.996 Straftaten in Niedersachsen aus. Experten gehen aber von einer erheblichen Dunkelziffer aus. Drei von vier Tatverdächtigen (74 Prozent) sind Männer.
LKA: Gerichtsfeste Beweise sind größte Herausforderung
Dabei gehen die Täter immer raffinierter vor, wie das LKA erklärt. Die Verlagerung von Firmensitzen ins Ausland, modernste Kommunikationsmittel, ausländische Konten und die steigende Informationsflut erschwerten die Aufklärung. "Die Ermittlungen im Bereich Wirtschaftskriminalität gestalten sich sehr schwierig, denn die Fälle sind in der Regel hochkomplex", sagte LKA-Sprecherin Antje Heilmann. Das Problem sei nicht, den oder die Täter zu finden - häufig stünden die Beschuldigten schon fest, erklärte sie. "Die Herausforderung ist es, den Tätern oder Täterinnen die Taten lückenlos und gerichtsfest nachzuweisen." Gut 62 Prozent der Fälle klärten die Ermittler vergangenes Jahr auf.
Insolvenzbetrug ist zweitgrößte Deliktgruppe
Den höchsten Schaden gab es vergangenes Jahr in der Kategorie "sonstige Wirtschaftsdelikte" (203,7 Millionen Euro). Dazu zählen etwa Geldwäsche, Untreue oder Warenkreditbetrug. Auf dem zweiten Platz lagen Insolvenzdelikte mit 61,2 Millionen Euro Schaden. "Ein klassisches Beispiel dafür ist der Insolvenzbetrug im Kontext der Corona-Hilfen", so Heilmann. Dort hätten Unternehmen zu Unrecht Hilfe erhalten und "dadurch die Allgemeinheit geschädigt, denn es handelt sich ja um Steuergelder".