"In Deutschland bin ich für die Ukraine viel nützlicher!"

Stand: 11.07.2024 14:43 Uhr

In Niedersachsen leben 111.000 geflüchtete Ukrainer. Jeder fünfte ist männlich und im wehrfähigen Alter. Einer von ihnen, Dmytro Roh, erzählt, warum er ausgereist ist.

Ursprünglich hatte ich nicht vor, die Ukraine zu verlassen. Als der Krieg anfing, war eine große Euphorie da, und die Bevölkerung war wirklich entschlossen, sich so gut wie möglich zu wehren. Es gab Schlangen vor den Einberufungsbüros. Aber ich beschloss, mich erst einmal richtig um meine Familie zu kümmern. Meine Mutter hat gesundheitliche Probleme, sie braucht ständige Pflege. Die Situation verschlechterte sich immer mehr in der Ukraine, selbst in Kiew wurde es problematisch. Uns wurde klar, dass wir wegmüssen.

Stanislav Roh und sein Vater Dmytro Roh zeigen ihre ukrainischen Pässe. © NDR Foto: Larissa Mass
Dmytro Roh ist mit seinem Sohn Stanislav Roh aus der Ukraine geflüchtet.
Mit der pflegebedürftigen Mutter über die Grenze

Mir wurde ein Aufschub der Wehrpflicht genehmigt, da meine Mutter pflegebedürftig ist. So konnte ich auch zusammen mit meiner Mutter und dem ärztlichen Attest dafür die Grenze passieren. Das war vor anderthalb Jahren. Nach Deutschland gingen wir, weil unsere Freunde hier waren. Und außerdem waren meine Kinder und meine Ex-Frau ein Jahr zuvor nach Hannover gereist.

Arbeit als Dolmetscher und Übersetzer

Ich habe sofort angefangen, hier zu arbeiten. Vom Beruf bin ich Manager. In der Ukraine habe ich vor dem Krieg unter anderem ein Schmuckgeschäft und ein Übersetzungsbüro geleitet. Hier in Deutschland arbeite ich freiberuflich in verschiedenen Projekten als Dolmetscher und als Übersetzer. Ich habe diese Gelegenheit genutzt, um über die Grenze zu kommen. Was wäre passiert, wenn ich es nicht getan hätte? Das ist schwer zu sagen.

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Stanislav Roh schaut in die Kamera. © NDR Foto: Larissa Mass

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Korruption und Diebstahl bei den Beamten

Warum ist also die Zahl der Menschen, die bereit sind, das Land zu verteidigen, zurückgegangen? Ganz einfach, weil sie sehen, dass auf Kosten ihres Lebens, auf Kosten ihrer Gesundheit, jemand Karriere und Geld damit macht. Es gibt eine große Anzahl von Beamten, die in Korruption und Diebstahl verwickelt sind. Und das Schlimmste ist, dass die Ukraine und die Beamten sehr wenig tun, um diese Situation zu verbessern. Das heißt, viele Beamte sehen, was vor sich geht, aber sie verschließen die Augen davor. Die Ukraine muss ihre Haltung gegenüber den Menschen ändern. Dennoch besteht das Problem der Ukraine heute vor allem darin, dass es ihr an den richtigen Waffen und an der richtigen Personalpolitik mangelt.

In Deutschland nützlicher als in der ukrainischen Armee

Ich denke, hier in Deutschland bin ich auch für die Ukraine viel nützlicher als in der Armee. Denn ich bin an verschiedenen Hilfsprojekten für die Ukraine beteiligt, die Deutschland zusammen mit seinen europäischen Partnern organisiert. Viele Ukrainer können hier einen größeren Beitrag leisten für die Zukunft der Ukraine und Europas als in der Ukraine selbst.

Das Gesprächsprotokoll führte Larissa Mass, NDR.de.

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Hallo Niedersachsen | 11.07.2024 | 19:30 Uhr

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