Hat Hannovers Rathaus-SPD ein Problem mit der Meinungsfreiheit?
Die Ratsfraktion der SPD in Hannover hat private Social-Media-Postings von Verwaltungsmitarbeitern gesammelt, die sich kritisch mit Ratsbeschlüssen befassen. Ziel war laut SPD eine rechtliche Prüfung.
Der SPD in Hannovers Rathaus gefällt es offenbar nicht, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung im Internet Kritik äußern. Schon gar nicht, wenn es um die Beschlüsse des Rates geht, inklusive der sozialdemokratischen Fraktion.
Und genau das war passiert: So hatte etwa ein Mitarbeiter eine Äußerung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) im Internet geteilt. Der Verein hatte die von SPD, CDU und FDP beschlossene Streichung von städtischen Zuwendungen an den Club aufs Korn genommen. Sauer aufgestoßen war der SPD auch, dass ein Mitarbeiter ein Posting des BUND, des Bundes für Umwelt und Naturschutz, geteilt hatte. Auch hier war die Politik der Ratsfraktionen kritisch hinterfragt worden. In der Liste, die dem NDR vorliegt, ging es auch um Zeitungsleserbriefe.
SPD hat Liste mit Beispielen erstellt
Doch mit dem Grummeln im Bauch wollte sich die SPD offenkundig nicht abfinden: Sie brachte das Thema in einer Sitzung der Geschäftsordnungskommission zur Sprache und legte die gesammelten Screenshots dem Oberbürgermeister vor. Er möge prüfen, ob die Mitarbeiter mit dem Äußern ihrer Sicht der Dinge gegen geltendes Recht verstoßen hätten.
Oberbürgermeister sieht den Vorgang äußerst kritisch
"In Hannover und somit auch im Rathaus herrscht Meinungsfreiheit", so Onay in einer Stellungnahme. Die Postings seien nicht zu beanstanden: "Vielmehr ist das Kontrollieren und Sammeln privater Äußerungen unserer Mitarbeiter*innen eine Grenzüberschreitung, die ich nicht akzeptiere, da sie Angst und Unsicherheit schürt." In einem modernen Rechtsstaat sei es Pflicht, persönliche Meinungen zu akzeptieren, solange sie dem Grundgesetz entsprächen - "auch wenn es in Teilen unbequem sein mag".
SPD wollte rechtliche Prüfung
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Lars Kelich, schreibt dem NDR Niedersachsen auf Anfrage, das Recht auf freie Meinungsäußerung sei von der SPD zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Die Unsicherheit in Teilen der Belegschaft sei groß, deshalb habe man eine rechtliche Klärung gewollt. "Die Sammlung ist zusammengestellt worden, weil die Verwaltung um konkrete Beispiele gebeten hatte."
Postings sind nicht zu beanstanden
Die Verwaltung der Stadt Hannover kam nach einer rechtlichen Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Postings arbeits- oder beamtenrechtlich nicht zu beanstanden sind.