60 Jahre Parteimitglied: SPD ehrt heute Gerhard Schröder
Heute wird der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder in Hannover von seiner Partei für 60 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Keine einfache Veranstaltung für die SPD - weder in Niedersachsen noch in Berlin.
"Büro Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder" - so steht es noch auf den Namensschildern an den Türen seiner ehemaligen Büroräume im Bundestag. Aber die Räume sind leer, seine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jetzt in anderen Bereichen. Und es hängen auch keine Schröder-Portraits, Grafiken und Lithografien mehr in diesem Teil des Flures eines Bundestagsnebengebäudes direkt gegenüber der russischen Botschaft. Der Zugang zur Botschaft ist mittlerweile abgesperrt. Die Verhältnisse haben sich geändert. Nur Gerhard Schröder hat sein Verhältnis zu Russland und Präsident Putin nicht geändert, und das hat seine Beziehung zu seiner Partei gestört und für viele zerstört.
SPD-Parteichefin Saskia Esken muss gratulieren
Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken hatte den ehemaligen SPD-Bundeskanzler vor einem Jahr sogar zum Parteiaustritt aufgefordert, weil er seine Mandate bei den russischen Konzernen nach dem Überfall auf die Ukraine nicht niedergelegt hatte. Er solle deshalb nicht mehr als Alt-Kanzler wahrgenommen werden, sagte Esken damals. Jetzt gratuliert sie ihm zu seiner 60-jährigen Mitgliedschaft in der SPD. Sie muss. Ihre Unterschrift ist vorgedruckt auf einer Urkunde, die man sich - so heißt es aus dem Willy Brandt Haus - für wenige Cent herunterladen könne, und die jedem nach 60 Jahren Mitgliedschaft nun mal zustehe. Ein Parteiausschlussverfahren gegen Gerhard Schröder war Ende vergangenen Jahres gescheitert.
SPD versucht Schröder totzuschweigen
Die SPD wird ihr ebenso prominentes wie schwieriges Mitglied einfach nicht los. Also versucht sie es mit Totschweigen. Und so schweigt sie auch zu seiner Ehrung zum Parteijubiläum. Die meisten niedersächsischen SPD-Bundespolitiker reagieren nicht auf Anfragen. Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Professor Uwe Jun ist das eine nachvollziehbare Reaktion der SPD. Denn weitere öffentliche Diskussionen über Gerhard Schröder wären für die SPD kaum vorteilhaft und könnten die momentane Geschlossenheit der Partei nur gefährden, sagt Jun. Schließlich sei Schröder nicht nur wegen seiner Freundschaft zu Putin umstritten, sondern er stehe auch für eine Russlandpolitik, die die Partei seit dem Ukraine-Krieg neu ausgerichtet hat. Als prominenter SPD-Bundespolitiker ist bei der Ehrung in Hannover allerdings mit dabei: Bundestagsfraktionsvize Matthias Miersch. Er wird als Vorsitzender des SPD-Bezirks Hannover, der die Ehrung veranstaltet, ein Grußwort halten und - wie er sagt, "natürlich auch die aktuelle Diskussion aufgreifen".
Altkanzler Schröder kämpft weiter um Büroräume
Und die Diskussionen werden sehr wahrscheinlich auch nach der heutigen Ehrung nicht zu Ende sein. Denn Gerhard Schröder kämpft weiter. Zum Beispiel um seine Büroräume im Bundestag. Die Mittel dafür hatte ihm der Haushaltsausschuss des Bundestages im vergangenen Jahr entzogen mit der Begründung, er würde keine Aufgaben mehr für die Bundesrepublik Deutschland wahrnehmen. In erster Instanz war Schröder mit seiner Klage dagegen vor dem Verwaltungsgericht Berlin gescheitert. Aber er hat Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht eingelegt. Noch gibt es keinen Termin für die mündliche Verhandlung - aber die "Verwaltungsstreitsache Gerhard Schröder versus Bundesrepublik Deutschland" geht weiter.