Zwei junge Brüder verwirklichen ihren Traum vom Kleingarten
Die Brüder Konrad und Georg Fernitz sind beide Ende 20 und haben vor drei Jahren einen Kleingarten gepachtet. Dort verwirklichen sie ihre Vorstellungen, Ideen und auch ein bisschen sich selbst.
In ihrem Braunschweiger Kleingarten treffen sich die Brüder zweimal die Woche. Der Garten hat sich nicht nur zu ihrem Hobby entwickelt. Durch das gemeinsame Gärtnern verbringen sie mehr Zeit miteinander: "Der Garten ist ein Ort der Verbindung, wo wir gemeinsame Ideen verwirklichen und uns regelmäßig sehen. Das ist uns ganz wichtig", sagt Georg. Er ist 27 Jahre alt und angehender Schulsozialarbeiter.
Geschwisterliebe in einer klimafreundlichen Oase
Nicht nur die gemeinsame Zeit motiviert die Brüder zum Gärtnern. Sie wollen ihren Garten komplett klimafreundlich gestalten. "Unsere Generation ist jeden Tag mit dem Klimawandel und Nachrichten darüber konfrontiert - man fühlt sich oft ohnmächtig", sagt Konrad. Er ist 29 und Ingenieur. Für ihn ist es ein schöner Ausgleich, in diesem begrenzten Raum selbst entscheiden zu können, dass alles klimafreundlich gemacht wird. Zur Belohnung gibt es aus dem Garten unbehandelte Erdbeeren, Johannisbeeren und Heidelbeeren - "es ist alles ganz Natur hier", sagt Georg.
Gartenarbeit per Youtube, Google und "Learning by doing"
Konkret wollen die Brüder jeden Stein in ihrem Kleingarten umdrehen. Ihrem Gartenhaus haben sie bereits ein neues Dach verpasst, jetzt sollen die Wände neu verputzt und der Schornstein verkleidet werden. Woher sie wissen, wie solche Arbeiten gemacht werden? Youtube Videos, Google und "Learning by doing". "Es ist gut, einfach anzufangen, sich nicht zu viele Gedanken zu machen", sagt Konrad. "Manchmal haben wir auch Durchhänger und fragen uns, warum wir uns das eigentlich antun. Aber am Ende freuen wir uns immer über das Ergebnis."
Ein Herz für Bienen im Kleingarten in Braunschweig
Besonders am Herzen liegen Konrad und Georg die Bienen. Deswegen gestalten sie ihren Garten besonders bienenfreundlich, und Georg belegt Imker-Kurse. Vor zwei Jahren sind dann auch die ersten Bienen in den Garten der Brüder dauerhaft "eingezogen": Mittlerweile leben bei ihnen vier Bienenvölker mit jeweils etwa 50.000 Bienen. "Man sagt, dass die Bienen für ein Glas Honig eine Strecke fliegen müssen, die drei Erdumrundungen entspricht. Dass sie so viel Energie in den Honig stecken, sollte man wertschätzen. Deswegen pflegen wir die Bienen auch gut", sagt Georg.
Viel Hilfe im Kleingarten: "Es ist ein kleiner Urlaub"
Die Leidenschaft, die Konrad und Georg in ihren Garten stecken, scheint ansteckend zu sein. Oft kommen Freunde vorbei und packen mit an. "Für mich ist das wie Urlaub hier", sagt Myron Stapelfeld, ein gemeinsamer Freund der Brüder. Auch Konrads Tochter Frieda kommt gerne in den Garten: "Hier wird so viel gearbeitet und oft kann ich auch mithelfen. Das macht Spaß." Auch bei ihren Gartennachbarn holen sich Konrad und Georg oft Tipps für ihre Projekte. Inzwischen haben sie hier viele neue Bekanntschaften gefunden. "Ich war total überrascht, wie viele Leute mit uns zeitgleich angefangen haben und wie viele nette Leute wir kennengelernt haben", sagt Georg.
Leben und Arbeit im Kleingarten als Ausgleich
Sowohl Konrad als auch Georg haben ADS, das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Die Gartenarbeit tut ihnen gut: "Bei ADS ist es oft so, dass man am Anfang viel investiert, aber schnell wieder keinen Bock hat und sich etwas anderes sucht. Hier im Garten muss man Geduld haben und sich regelmäßig kümmern. Dadurch habe ich viel gelernt", sagt Georg. Für Konrad ist es ähnlich: "Der Garten ist eine wunderschöne Möglichkeit, sich kreativ auszuleben und den ganzen Impulsen zu folgen, ohne negative Konsequenzen".
Kleingärtner werden immer jünger
Das Vorurteil, dass Kleingärtner spießig und jenseits des Pensionsalters sein müssen, stimmt schon lange nicht mehr, sagt Konrad. Außerdem: Stimmte es denn jemals? "Es kommen immer mehr junge Leute in die Kleingärten und dadurch hat man echt einen tollen Austausch". Das Gefühl haben nicht nur die beiden Brüder aus Braunschweig. Auch eine Studie des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat im Jahr 2018 schon festgestellt, dass das Durchschnittsalter von Mitgliedern in Kleingärten deutlich gesunken ist. Auch die Corona-Pandemie hatte ihren Anteil daran, dass Kleingärten immer beliebter wurden.