Wie wirken sich Muscheln und Algen auf Offshore-Windparks aus?
Mit einem speziellen Meerwasser-Kanal wollen Wissenschaftler in Braunschweig herausfinden, wie sich Muscheln und Algen auf Offshore-Windparks auswirken. Am Montag ist die Versuchsanlage eröffnet worden.
Welchen Einfluss haben Muscheln und Algen auf die Standfestigkeit von Offshore-Windenergieanlagen? Und was bedeutet das für deren Konstruktion? Dieser Frage wollen künftig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig nachgehen. Dazu haben sie am Montag ein Salzwasserwellen-Strömungskanal in Betrieb genommen - eine europaweit einmalige Versuchseinrichtung.
Wissenschaftler simulieren Ebbe und Flut
"Die Bedingungen sind fast wie an der Nordsee", sagt Professor Nils Goseberg, geschäftsführender Leiter des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau (LWI). Das grünliche Wasser schwappt immer wieder in leichten Wellenbewegungen in der Versuchsanlage hinter ihm vorbei. "Wir können in diesem Kanal 80 Zentimeter hohe Wellen erzeugen", erklärt der Wissenschaftler. "Und wir können Ebbe und Flut simulieren." Der neue Salzwasser-Wellen-Strömungskanal ist 30 Meter lang, drei Meter breit und 2,50 Meter tief. Er steht in einer Versuchshalle, in der noch andere Forschungseinrichtungen untergebracht sind. Der Kanal, so die TU, sei in dieser Form europaweit einmalig.
Tests mit Muscheln, Seepocken und Algen
Eine wichtige Rolle für die künftige Forschung an der TU Braunschweig spielen dabei Miesmuscheln, Seepocken und Algen. Zurzeit befinden sich die Muscheln noch in separaten Becken, damit sie sich langsam eingewöhnen können. Im Mai sollen dann die ersten Versuche starten und die Muscheln in den Kanal gesetzt werden. "Oberflächen unter Meerwasser werden schnell von Meeresorganismen besiedelt", sagt Goseberg. So bildeten sich auch an den Pfählen von Offshore-Windenergieanlagen schnell kleine Riffe, besetzt unter anderem mit Muscheln, Seesternen, Seepocken und Seeanemonen.
Offshore-Windparks sollen haltbarer werden
"Der marine Bewuchs nimmt zusätzliche Kraft auf, aus den Wellen und der Tideströmung", erklärt Goseberg. "Und diese zusätzliche Kraft wollen wir künftig ganz genau bestimmen können." Das Ziel: Offshore-Windenergieanlagen sollen noch besser konstruiert werden und somit eine höhere Lebensdauer haben. "Mit dem Salzwasserwellen-Strömungskanal haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit, Modelle zu erstellen, wie sich mariner Bewuchs auf einen Offshore-Windenergiepfahl auswirkt", sagt Goseberg.
Aus Braunschweiger Leitungswasser wird Meerwasser
Für die Experimente können die Forschenden nicht nur die Wassertemperatur verändern, sondern auch den pH-Wert sowie den Sauerstoff- und Salzgehalt. Das Meerwasser wird übrigens aus ganz normalem Braunschweiger Leitungswasser hergestellt. Das passiert in einer Wasseraufbereitungsanlage. Dafür wird hochkonzentrierte Meersalzsole in die Anlage gefüllt, die mit dem normalen Frischwasser vermischt wird.
Meeresforscher vom AWI sind mit dabei
Mit dabei im Projekt sind auch Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) aus Bremerhaven. Sie hatten zuvor an Offshore-Standorten in der Nähe von Helgoland und Nordergründe größere Edelstahlrohre aufgestellt und beobachtet, wie Muscheln, Seepocken und Algen dort andockten. "Man sieht, wie die Pfähle korrodieren und der Edelstahl förmlich aufgefressen wird", berichtet David Schürenkamp, Oberingenieur der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau im LWI. Die Versuchskörper sollen nun in einigen Wochen in den Braunschweiger Salzwasser-Kanal gesetzt werden und dort weiter untersucht werden. Die Anlage in Braunschweig ist Teil des vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) geförderten Projekts "EnviSim4Mare".