VW-Untreue-Prozess: Freispruch für alle vier Angeklagten
Im Untreue-Prozess um die Genehmigung hoher Gehälter für leitende VW-Betriebsräte hat das Landgericht Braunschweig drei frühere und einen amtierenden Personalmanager freigesprochen.
Die zuständige Kammer habe kein strafbares Verhalten festgestellt, hieß es am Dienstag im Urteilsspruch. Die Staatsanwaltschaft hatte sich in ihren Plädoyers am Montag für Bewährungsstrafen und Geldauflagen ausgesprochen. Die Verteidiger hatten hingegen auf Freispruch plädiert. Gegenstand des Prozesses war die Frage, ob die Personalmanager zwischen 2011 und 2016 unangemessen hohe Bezüge für besonders einflussreiche Mitglieder der VW-Arbeitnehmervertretung freigegeben hatten.
Ex-Personalmanager sieht Gesetzgeber in der Pflicht
Die Manager forderten nach dem Freispruch eine Gesetzesreform. "Es würde allen Personalmanagern in Großunternehmen helfen, wenn die Gesetzeslage noch besser geregelt wäre", sagte Ex-Personalvorstand Horst Neumann am Dienstag im Anschluss an den Prozess. Das Betriebsverfassungsgesetz lasse große Spielräume. Bisher sei nur festgelegt, dass das Betriebsratsamt ein Ehrenamt sei und Betriebsräte weder begünstigt noch benachteiligt werden dürfen, so Neumann. "Dieses Verfahren hätte noch einen Sinn, wenn der Gesetzgeber nun tätig würde", sagte der ehemalige Personalchef. Ähnlicher Ansicht ist auch die Strafkammer. "Es wäre eine Aufgabe des Gesetzgebers, hier für ganz klare Lösungen zu sorgen", sagte ein Gerichtssprecher.
Anklage: Fünf Millionen Euro Schaden für VW
Die Anklage hatte den Männern Untreue vorgeworfen, teils im besonders schweren Fall. Durch die überzogenen Gehälter sei der Gewinn vermindert worden, so die Staatsanwaltschaft. Dadurch wiederum habe VW auch weniger Steuern gezahlt. Den Schaden für Europas größten Autobauer bezifferte die Anklage im Verfahren auf mehr als fünf Millionen Euro.
Bis zu 750.000 Euro für Osterloh
Kritiker vermuteten auch, dass sich die Unternehmensführung des Konzerns die Gewogenheit des Betriebsrates vor schwierigen Entscheidungen mit finanziellen Zuwendungen sichern wollte. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, dass die vier Manager bezüglich der Vergütung führender Betriebsräte pflichtwidrig und vorsätzlich gehandelt hätten. In dem Verfahren war es auch um die Bezüge des langjährigen Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh gegangen. In manchen Jahren erhielt er Vergütungen von bis zu 750.000 Euro. Osterloh sagte als Zeuge im Prozess: "Ich war an keiner Entgeltfindung, die meine Person betrifft, beteiligt."
Unklare Gesetzeslage bei Vergütungen für Betriebsräte
Umstritten war vor allem, ob es überhaupt hinreichend präzise und damit verbindliche Regelungen zur Gehaltsbestimmung bei Belegschaftsvertretern gibt. Maßgeblich ist stets eine Abwägung, auf welcher Karrierestufe die jeweilige Person heute stünde, wenn er oder sie sich stattdessen für eine Stelle im Management entschieden hätte. Nach Auffassung einiger Arbeitsrechtsexperten enthält das geltende Betriebsverfassungsgesetz keine eindeutigen Vorgaben zu entsprechenden Vergütungskorridoren oder dazu, welche beruflichen Vergleichsgruppen bei der Einstufung eines leitenden Betriebsrates heranzuziehen sind.