VIDEO: VW-Krise: Betriebsratschefin äußert sich zu Sparplänen (3 Min)

Betriebsratschefin Cavallo: "Aus meiner Sicht gab es Strategiefehler"

Stand: 04.09.2024 17:24 Uhr

Pfeifkonzerte und deutliche Worte: Bei der VW-Betriebsversammlung in Wolfsburg machten Arbeitnehmer ihrem Ärger über die Sparpläne Luft. Betriebsrat und Gewerkschaft sagen: Standortschließungen kommen nicht infrage.

"Wir erwarten, dass wir zügig an den Verhandlungstisch treten, um Klarheit zu schaffen, wie es hier weitergehen soll." Das sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo am Mittwoch im Anschluss an die VW-Betriebsversammlung. Nur über Arbeitskosten und Standortschließungen zu sprechen, sei zu kurz gegriffen. "Aus meiner Sicht gab es Strategiefehler", so Cavallo weiter. Denn Einstiegsmodelle im Elektrobereich würden fehlen. "Das ist Managementverantwortung, dass die nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht wurden." Nun brauche es einen Zukunftsplan und gute Automodelle, die die Kunden "uns aus den Händen reißen". Dafür müssten von Unternehmensseite die richtigen Strukturen geschaffen werden. Das Thema Standortschließungen sei für sie keins: "Wir reden nicht über Standortschließungen. Entsprechend reden wir auch nicht darüber, welche Standorte betroffen sein könnten." Das NDR Fernsehen sendet um 20.15 Uhr mit "VW in der Krise" ein Info Extra.

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"Massenentlassungen müssen vom Tisch"

"Werkschließungen und Massenentlassungen müssen so schnell wie möglich wieder vom Tisch", sagte auch Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, nach der Betriebsversammlung. Das gehöre nicht in den Werkzeugkasten. Dass die Äußerungen der Sparpläne Anlass zur Sorge seien, stehe außer Frage. Er sei in der derzeitigen Situation dennoch "sehr, sehr zuversichtlich". An der Betriebsversammlung haben laut Cavallo rund 25.000 Mitarbeitende in der Halle und vor Leinwänden teilgenommen. "Es war also ein riesiger Andrang." Wegen eines Pfeifkonzerts sei der VW-Vorstand zunächst nicht zu Wort gekommen.

VW-Finanzchef: Wir geben in der Marke mehr Geld aus, als wir einnehmen

Auf der Betriebsversammlung sagte VW-Finanzchef Arno Antlitz zuvor: "Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen." Es werde seit geraumer Zeit mehr Geld ausgegeben als eingenommen werde. Auf Dauer gehe das nicht gut. Mit den Einsparungen sollen Mittel freigesetzt werden, die für neue Produkte gebraucht werden. "Dafür brauchen wir jetzt Geld, um kräftig zu investieren", bekräftigte Markenchef Thomas Schäfer. Er sprach davon ein, in ein "Modellfeuerwerk" zu investieren. "Dann werden wir es sein, die die Voraussetzungen geschaffen haben, damit auch die nächsten Generationen hier in Deutschland für Volkswagen arbeiten können", so Schäfer.

16.000 VW-Mitarbeitende verfolgen Betriebsversammlung

Die Betriebsversammlung war mit scharfem Protest der Belegschaft gestartet. Die Beschäftigten hätten große Sorgen bis hin zu Existenzängsten, hatte Betriebsratschefin Cavallo im Vorfeld gesagt. Bisher habe der Betriebsrat die laufenden Sparmaßnahmen mitgetragen - auch den Stellenabbau mit Altersteilzeitregelungen und Abfindungsprogrammen. Doch das reiche aus Sicht der Konzernspitze nicht mehr aus, um die gesetzten Einsparziele zu erreichen. Am Montag hatte VW drastische Sparpläne bei der Kernmarke verkündet. Erstmals stehen demnach in Deutschland ganze Werke auf dem Prüfstand.

Sparpläne von VW: Politiker reagierten besorgt

Das "Handelsblatt" berichtet, dass es bei den geplanten Ergebnisverbesserungen derzeit eine Lücke von zwei bis drei Milliarden Euro gibt. Auf die am Montag von VW angedrohten Sparpläne hatten auch Gewerkschaften und Politiker teils besorgt reagiert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte dem Sender ntv: "Es ist jetzt Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Standorte, und zwar alle Standorte, gesichert werden und dass betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden".

Emdens VW-Betriebsratschef: "Absoluter Schlag in die Magengrube"

Am VW-Standort Emden ist eine Betriebsversammlung für Donnerstag angekündigt. Der dortige Betriebsratschef Manfred Wulff sagte dem NDR Niedersachsen, dass die Planungen des VW-Vorstands ein "absoluter Schlag in die Magengrube" seien. 30 Jahre habe man Krisen bei Volkswagen am Verhandlungstisch lösen können, jetzt sei es keine Partnerschaft mehr, so Wulff. Der Konzern habe Strategien verkehrt eingeschätzt - so gebe es unter anderem keine E-Auto-Einstiegsmodelle bei VW. Für Donnerstag kündigte Wulff an, dass es laut werden würde. VW-Markenchef Thomas Schäfer werde vor Ort sein und ihn wolle man fragen, was die Vorstandspläne für das Werk in Emden bedeuten werden, so der Betriebsratschef.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 04.09.2024 | 12:00 Uhr

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