VW-Abgasaffäre: Winterkorn früher informiert?
Der frühere Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, Martin Winterkorn, wird in der Affäre um manipulierte Abgaswerte von einem langjährigen Vertrauten schwer belastet. Dieser will den damaligen VW-Chef nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung schon im Juli 2015 über den Betrug in den USA informiert haben. Bei dem Vertrauten handelt es sich um Bernd Gottweis, der für die Qualitätssicherung im Konzern verantwortlich war.
Gottweis: Winterkorn am 27. Juli informiert
Gegenüber Ermittlungsbehörden soll Gottweis ausgesagt haben, dass er am 21. Juli 2015 von einer illegalen Software erfahren habe. Sechs Tage später, am 27. Juli, habe er dann dem damaligen Vorstandschef Winterkorn am Telefon gesagt, dass VW in den USA "beschissen" habe. Bei Volkswagen sei daraufhin aber nichts geschehen, so Gottweis. Diese Aussage erfolgte offenbar bei deutschen Ermittlungsbehörden und ist der US-Justiz bekannt. Bislang behauptet VW, der Konzernvorstand habe erst Ende August oder Anfang September von einem Regelverstoß in den USA erfahren.
Ingenieure nennen dasselbe Datum
Der 27. Juli 2015 spielt auch in Aussagen mehrerer VW-Ingenieure eine Rolle: Sie hatten angegeben, Winterkorn an diesem Tag klipp und klar auf die verbotene Abschalteinrichtung angesprochen zu haben. Die Ingenieure sagten auch, Winterkorn habe so gewirkt, als sei er darüber bereits informiert. Winterkorn bestreitet seit Längerem diese Darstellung: Er sei zwar über Abgasprobleme, nicht aber über Manipulationen unterrichtet worden.
Wichtige Details für Aktionäre
Die Frage, wann die VW-Spitze nicht nur von Diesel-Problemen, sondern auch von verbotenen Manipulationen erfuhr, ist für Verfahren in Deutschland von Bedeutung - auch für Klagen von Anlegern, die VW vorwerfen, Aktionäre zu spät informiert zu haben. Wegen dieses Verdachts laufen Ermittlungen nicht nur gegen Winterkorn, sondern auch gegen VW-Markenchef Herbert Diess und den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch.
Anleger-Anwalt: VW "mauert und trickst"
Der Anleger-Anwalt Andreas Tilp fühlt sich durch die nun bekannt gewordene Aussage in seiner Position bestätigt. "Die jetzige weitere Enthüllung schmälert die Erfolgsaussichten von VW in den weiteren Prozessen", so Tilp. "Am Ende wird kein Richter VW auch nur irgendwas glauben, wenn man weiterhin so mauert und trickst." Weder VW noch die Anwälte Winterkorns oder seines Vertrauten Gottweis wollten sich zu der Angelegenheit äußern.