Prozessauftakt: Göttinger Anwalt Fuellmich bestreitet Untreue
Darlehensverträge von mehr als 700.000 Euro hatte der Göttinger Anwalt Fuellmich vom sogenannten Corona-Ausschuss erhalten. Untreue bestreitet er und wirft ehemaligen Mitstreitern vor, sich bereichern zu wollen.
Reiner Fuellmich trat selbstbewusst und angriffslustig zu Prozessbeginn am Mittwoch vor dem Göttinger Landgericht auf. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Kleinpartei "Die Basis" redete viel und teilweise aufgebracht. Über seine ehemaligen Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der Nebenklage äußerte er sich immer wieder abfällig. Gemeint sind die Berliner Anwälte Antonia Fischer und Justus Hoffmann. Sie fordern in dem Strafprozess die 700.000 Euro zurück, waren zum Prozessauftakt aber krankheitsbedingt nicht erschienen. "Die Nebenklage will sich mit dem Geld die Taschen vollstopfen, das ist meine Meinung zu den konkreten Vorwürfen", sagte der 65-Jährige sichtbar erregt.
700.000 Euro waren als Darlehen vertraglich gewährt worden
Fuellmich, Viviane Fischer und die Berliner Anwälte hatten im Jahr 2020 als Gesellschafter den sogenannten Corona-Ausschuss gegründet. In stundenlangen Sitzungen im Netz wurde damals über die Corona-Maßnahmen diskutiert und spekuliert. Dabei wurde unter anderem die Gefährlichkeit des Virus bezweifelt. Die im Handelsregister nicht eingetragene Gesellschaft sammelte Millionenspenden im Netz und eröffnete mehrere Konten, wie es in der Anklage hieß. 2020 und 2021 erhielt Fuellmich dann Darlehen über 200.000 und 500.000 Euro, über die es Verträge gab.
Garten "aufgepeppt": Fuellmich räumt private Zwecke ein
Laut Fuellmich hatten sowohl er als auch Viviane Fischer Darlehen aus Spendengeldern erhalten. Nach seinen Angaben, um die Gelder vor dem Zugriff des Staates zu schützen. Denn es habe 2020 die Befürchtung gegeben, die Konten des Corona-Ausschusses könnten gepfändet werden. Untreue bestritt Fuellmich vehement. "Ich haue mir doch nicht selbst die Beine weg und nehme das Geld, das wir zum Arbeiten brauchen", sagte er. Er räumte auch ein, das Geld privat verwendet zu haben. Das habe seine damalige Mitstreiterin Viviane Fischer mit ihren Darlehen aber auch getan, behauptet Fuellmich. Viviane Fischer hat das immer wieder bestritten. Fuellmich behauptet außerdem: "Fischer war in Göttingen und hat sich angeschaut, was meine Frau mit dem Geld gemacht hat", so der Angeklagte. Sie habe den Garten für 200.000 Euro "aufgepeppt", unter anderem mit einem Whirlpool.
Ehemalige Mitstreiter werfen Fuellmich Untreue vor
Der Aussage des Angeklagten stehen die Anklage und die Sicht der ehemaligen Mitstreiter entgegen. "Das eigene Engagement sollte unentgeltlich erfolgen, das war die Vereinbarung", sagte die Berliner Anwältin Antonia Fischer auf Anfrage des NDR Niedersachsen. So sieht es auch die Staatsanwaltschaft: In der Satzung des "Corona-Ausschusses" sei ausschließlich eine gemeinnützige Tätigkeit festgelegt. Eine selbstlose Tätigkeit, keine Zuwendungen aus Mitteln der Gesellschaft, keiner dürfe durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. Im Falle der Darlehen wirft die Staatsanwaltschaft Fuellmich vor, von Anfang an das Ziel gehabt zu haben, die Spendengelder privat zu verwenden und damit zu veruntreuen. Die Kammer muss nun klären, ob die Gelder rechtmäßig geflossen sind oder veruntreut wurden. Im März soll das Urteil fallen.