Geldstrafe für Impfgegner Fuellmich
Das Amtsgericht Göttingen hat den Rechtsanwalt Reiner Fuellmich wegen Beleidigung und Volksverhetzung verurteilt. Der ehemalige Chef der Partei "Die Basis" soll 2.100 Euro zahlen.
Früher war Reiner Fuellmich ein in den Medien gefragter Verbraucherrechtsanwalt aus Göttingen. Seit einigen Jahren tritt er in Impfgegnerkreisen als Kritiker der Corona-Maßnahmen in Erscheinung. Auf seinem Telegram-Kanal bestreitet Fuellmich die Gefährlichkeit des Virus. 2020 waren der Anwalt und seine Berliner Kollegin Viviane Fischer Mitgründer des sogenannten Corona-Ausschusses. In regelmäßigen Videositzungen im Netz kommen hier weiterhin Kritiker der Corona-Maßnahmen und Impfgegner zu Wort. Nach Untreue-Vorwürfen warf Fischer ihren einstigen Mitstreiter 2022 hinaus. Auch ihre Zusammenarbeit als damalige Bundesvorsitzende der Kleinpartei "Die Basis" war zerstört.
RKI-Wissenschaftler als "Massenmörder" bezeichnet
Fuellmichs Verteidiger wollen sich auf Anfrage nicht zum Werdegang ihres Mandanten äußern. Vor dem Amtsgericht Göttingen haben die beiden Anwälte den 65-jährigen nun verteidigt. Der Angeklagte selbst erschien nicht. Das Amtsgericht verurteilte Fuellmich wegen Beleidigung in drei Fällen. Die Richterin war überzeugt davon, dass der Anwalt Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts beleidigt hat. In einem Video des sogenannten Corona-Ausschusses hatte Fuellmich im März 2021 die RKI-Wissenschaftler als Massenmörder bezeichnet, die "zu dumm sind, einen Eimer Wasser umzukippen."
"Die ist so hässlich" - Fuellmich beleidigte Journalistin
Im Sommer 2022 hatte Fuellmich dann eine Göttinger Journalistin zwei Mal öffentlich im Internet beschimpft. Sein Verteidiger erklärte dazu, die Journalistin habe im Juni 2022 in der Lokalpresse über einen Strafbefehl gegen Fuellmich falsch berichtet. Der Strafbefehl wurde nämlich erst nach dem Bericht erlassen. Das habe seinen Mandanten geärgert und frustriert. Die Richterin am Amtsgericht Göttingen ließ das kalt. "Auch wenn Herr Fuellmich sich frustriert gesehen hat, gibt es keine Rechtfertigung, jemanden in einer solchen Art und Weise öffentlich zu beleidigen", begründete sie ihr Urteil.
"Nicht Hitler allein" - Vorwurf der Volksverhetzung
Bei dem Strafbefehl in dem Zeitungsbericht ging es um Volksverhetzung. 18.000 Euro Geldstrafe forderte das Amtsgericht damals. Fuellmich legte Einspruch ein, der Fall musste deshalb vor Gericht verhandelt werden. Es geht um eine Aussage Fuellmichs im Dezember 2021. Gegenüber der impfkritischen Organisation CHD.TV hatte er sich zu Gräueltaten während der NS-Zeit geäußert. Fuellmich sagte in diesem Zusammenhang, es sei nicht Hitler allein gewesen, der das getan habe. "Es waren das anglo-amerikanische Finanzsystem und viele der amerikanischen sogenannten Tycoons, die mit ihrem Hintergrund der Eugenik ihn finanzierten."
Wegen Holocaust befangen: Übersetzer verlässt Saal
Seine Äußerungen hatte Fuellmich auf Englisch getätigt. Vor Gericht sollte deshalb geklärt werden, ob der genaue Wortlaut in deutscher Übersetzung auch korrekt war. Es lagen zwar schon zwei Übersetzungen vor. Das Gericht hatte aber zur Sicherheit noch einen dritten Übersetzer geladen. Doch als die Richterin ihm das Video vorspielte, erklärte sich der Übersetzer für befangen. "Sorry, das ist zu viel für mich." Er sei Jude und gehöre der zweiten Generation der Überlebenden des Holocaust an. "Ich mache so was nicht." Der Übersetzer bat um Verständnis und verließ den Saal wieder. Über den Inhalt der Verhandlung war er vorab nicht informiert gewesen.
Amtsgericht: "Taten der NS-Herrschaft in Frage gestellt"
Fuellmichs Verteidiger argumentierten, ihr Mandant habe die Taten der NS-Herrschaft nicht verharmlosen wollen. Fuellmich habe an anderer Stelle in dem Video Hitler als Monster bezeichnet und habe nur deutlich machen wollen, dass es nicht nur Hitler allein gewesen sei. Die Richterin sah das anders. "Die Taten der NS-Herrschaft werden in Frage gestellt", sagte sie klar und verurteilte Fuellmich wegen Volksverhetzung. Seine Anwälte wollen gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen.
Untreue-Verdacht: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Fuellmich
Statt 18.000 Euro müsste Fuellmich nach dem Urteil nur noch 2.100 Euro zahlen. Hatte das Amtsgericht im vergangenen Jahr noch einen Tagessatz von 200 Euro veranschlagt, sind es jetzt nur noch 15 Euro. Denn nach Angaben der Verteidiger ist Fuellmich derzeit mittellos. Die Staatsanwaltschaft Göttingen habe seine Finanzen beschlagnahmt, erklärten die Anwälte vor Gericht. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigt nur, dass gegen Fuellmich ermittelt wird. Dabei geht es um den Verdacht der Untreue. Der Göttinger Anwalt bleibt also im Visier der Justiz.