Theater in Göttingen: Warum sind Fördermittel verfallen?
Die Kritik ist groß: Wie konnte es passieren, dass die Stadt Göttingen drei Millionen Euro Bundesmittel für die Sanierung des Otfried-Müller-Hauses hat verfallen lassen?
Der Göttinger Bundestagsabgeordnete Fritz Güntzler (CDU) hatte die Stadt Göttingen laut eigener Aussage mehrfach gewarnt: Zuletzt im März vor einem Jahr habe er die Verwaltung aufgefordert, "endlich in die konkreten Planungen einzusteigen", teilte Güntzler kürzlich mit. Planungen, die notwendig sind, um die vom Bund bereits 2016 bereitgestellten Fördergelder für das Otfried-Müller-Haus abrufen zu können. Geld, das der CDU-Politiker damals gemeinsam mit dem verstorbenen Thomas Oppermann (SPD) beschafft hatte. "Versagen auf ganzer Linie" attestierte Güntzler der Stadt Göttingen.
Güntzler: Konzept weicht von Plänen in Förderzusage ab
Ein Kritikpunkt des CDU-Politikers lautet: Das Nutzungskonzept für das Otfried-Müller-Haus, das der Fördermittelzusage zu Grunde lag, passe jetzt nicht mehr. In dem Haus waren bisher zwei Institutionen untergebracht. Beide mussten 2019 gemeinsam ausziehen und sollten dort ursprünglich auch wieder zusammen einziehen: das Junge Theater und das Kommunikations- und Aktionszentrum (KAZ). Inzwischen ist aber klar: Nur das Junge Theater soll zurück an den alten Standort. Das KAZ will an der Ausweichstätte - der ehemaligen Voigt-Schule - bleiben.
Stadt sagt, neues Konzept hatte keinen Einfluss auf Bundesmittel
Das KAZ ist nach eigenen Angaben sehr glücklich an dem neuen Standort. "Dort gibt es mehr Platz und die Zugänge sind barrierefrei", so Anne Moldenhauer vom KAZ. Was das Otfried-Müller-Haus betrifft, sei nach dem Auszug klar gewesen, "dass beide zusammen da nicht mehr reinpassen". Unter anderem wegen moderner Brandschutzauflagen. Stadtsprecher Dominik Kimyon betont aber auf Anfrage des NDR in Niedersachsen, "der Wunsch des KAZ, in der ehemaligen Voigt-Schule zu verbleiben" habe keinen Einfluss auf die Bundesfördermittel gehabt. Ganz allgemein spricht die Stadt von Widersprüchen in dem Verfahren, die zum Verlust der Fördermittel geführt hätten.
"Bundesmittel dem Projekt gar nicht mehr dienlich"
Der Intendant des Jungen Theaters, Nico Dietrich, findet den Verlust zwar ärgerlich. Es gebe aber einen Grund. "Es gab ja einige Sitzungen mit uns und der Stadt und dabei hat man festgestellt, dass die Bundesmittel dem Projekt gar nicht mehr dienlich sind", erklärt Dietrich. Ein Thema dabei sei der Denkmalschutz gewesen. Die Stadt habe in den Gesprächen über unterschiedliche Vorgaben von Land und Bund gesprochen, so Dietrich. Eine Stadtsprecherin erklärt auf Nachfrage aber, dass auch der Denkmalschutz kein Grund dafür gewesen sei, warum die Bundesmittel bisher nicht abgerufen wurden.
Verlust von Fördermittel "kommt immer wieder vor"
Es komme immer wieder vor, dass Fördermittel nicht mehr zu den geplanten Projekten passen, teilt der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) auf Anfrage mit. "Manchmal haben Richtlinien zu kurzfristige Stichtage, manchmal ist der Aufwand zu groß für die Kommunen, weil sie Personal stellen müssen", sagt NSGB-Sprecher Stephan Meyn. Und manchmal seien die Richtlinien für die Förderung auch zu eng oder zu streng gefasst. Die Stadt Göttingen bemüht sich jetzt um neue Fördermittel. Außerdem wird geprüft, ob die verfallenen Bundesmittel doch noch einmal verlängert werden können.