Haben "Reichsbürger" im Harz ein Hotel gekauft?

Stand: 05.07.2023 12:00 Uhr

Der Verfassungsschutz warnt vor der "Reichsbürger"-Sekte "Königreich Deutschland" und möglichen Immobilienkäufen. In Bad Lauterberg könnte es der Szene gelungen sein, unbemerkt ein Hotel zu erwerben.

von Angelika Henkel und Lars Stuckenberg

Das Hotel am Wiesenbeker Teich gehörte früher zur ersten Adresse der Stadt, heute ist das Gebäude verwohnt. Helfer räumen alte Möbel und Müll aus den Räumen. Die Eigentümerin, Ute K., wohnte früher in Garbsen bei Hannover, hat aber ihren Wohnsitz mittlerweile in der Lutherstadt Wittenberg. Der Ort in Sachsen-Anhalt gilt als Hochburg einer skurrilen "Reichsbürger"-Szene rund um einen selbst ernannten König mit einem Phantasiestaat, der Tausende Anhänger haben soll. Darunter möglicherweise Ute K., der neuen Eigentümerin des Hotels im Harz.

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Verfassungsschutz: FairTeilen e.V. ist Tarnorganisation

2014 hat die heute 64-Jährige FairTeilen e.V. gegründet. Das ist ein Verein, von dem Verfassungsschutzbehörden verschiedener Bundesländer aktuell warnen. Sie gehen davon aus, dass der Verein als Tarnorganisation für das sogenannte "Königreich Deutschland" bemüht ist, Immobilien zu erwerben oder anzumieten.

Das "Königreich" selbst sieht sich als autarkes Gemeinwohlprojekt mit dem Ziel, dass sich die Gruppe selbst versorgen und nach eigenen Regeln leben kann. Der Verfassungsschutz stuft die Organisation als extremistisch ein. Sie lehne die Bundesrepublik ab und arbeite daran, eine autokratisch organisierte Staatsform zu errichten.

Gezielte Suche nach Grundstücken mit eigener Wasserversorgung

Laut Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt sucht die Organisation gezielt geeignete Grundstücke und verschleiert dabei ihre Ziele. Aufhorchen lässt, welche Immobilien laut Behörde besonders beliebt sein sollen: Immobilien, die über eine eigene Wasserversorgung durch einen See verfügen und eine möglichst große Grundstücksfläche, die ein Zusammenleben von bis zu 300 Personen ermöglichen soll.

Auf das Grundstück des Hotels trifft einiges dieser Beschreibung zu. Es liegt idyllisch am Wiesenbeker Teich etwas abseits der Stadt. Auf einem Video, das Ute K.s Aufräumhelfer auf die Videoplattform YouTube gestellt haben, sagt sie: "Wir haben 4,4 Hektar hier, mit Wald, die Fischteiche gehören dazu, das ist ein absolutes Schnäppchen, weil es eine Spitzenlage hat." Laut Eintrag im Grundbuch hat sie rund 200.000 Euro gezahlt. In zwei bis drei Jahren möchte sie das Gelände wieder in Betrieb nehmen, sagt sie in dem Video. Sie habe die Vision, ein Gesundheits- und Seminarhaus aufzubauen, Leberreinigungen oder Wanderungen anzubieten.

Sorge in Bad Lauterberg um Imageschaden

Im Kurort sieht man das kritisch. Bernd Jakisch von der "Wählergruppe im Rat" (WgiR) macht sich Sorgen: "Wir sind ja eine Kur- und Einkaufsstadt mit vielen Gästen von auswärts. Für Bad Lauterberg wäre das ein riesengroßer Imageverlust." Bürgermeister Rolf Lange (CDU) beteuert, von dem Kauf vorab nichts gewusst zu haben. Er stehe im Austausch mit Polizei und Verfassungsschutz und verweist darauf, dass das Gelände nur sehr eingeschränkt nutzbar sei. "Man hörte, es soll wieder etwas Hotelähnliches entstehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Landkreis so etwas genehmigt, nach 25 Jahren mit all den Änderungen im Naturschutz."

Was hat Ute K. mit Hotel im Harz vor?

Was kann Ute K. mit dem Gelände dann anfangen? Und ist sie der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen? Seit einigen Jahren ist sie nicht mehr im Vorstand des Vereins FairTeilen e.V. Der Verein hat mittlerweile seinen Sitz in Wittenberg - dort, wo Ute K. jetzt offiziell wohnt - und wird vom dortigen Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft.  

Was aber sagt sie selbst zu den Hinweisen aus der Vergangenheit, die durch Recherchen zu finden sind? Wie steht sie heute zu den "Reichsbürgern"? Entsprechende Anfragen des NDR Niedersachsen ließ die 64-Jährige unbeantwortet.

Weitere Spuren deuten auf "Reichsbürger"-Nähe

Dabei gibt es weitere digitale Spuren: Das selbst ernannte "Königreich" hatte vor einigen Jahren versucht, eine Partei zu gründen, die allerdings erfolglos blieb. Auf einer gespeicherten Internetseite dieses "Konvent zur Reformation Deutschlands" ist eine Frau als Schatzmeisterin eingetragen, die genauso heißt wie die Hotel-Eigentümerin aus Bad Lauterberg.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | NDR Info | 05.07.2023 | 16:00 Uhr

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Rechtsextremismus

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