Falsche Masken-Atteste: Ärztin zu Bewährungsstrafe verurteilt
Die Ärztin und Impfgegnerin Carola Javid-Kistel aus Duderstadt ist am Montag wegen Volksverhetzung, unzulässiger Corona-Atteste und Beleidigung verurteilt worden - nachdem sie ein Geständnis abgelegt hatte.
Der Prozess startete am Montagmorgen, das Urteil folgte bereits gegen Mittag. Carola Javid-Kistel erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Außerdem muss sie 1.000 Euro an das Kinder- und Jugendhospiz Sternenlichter in Göttingen zahlen, urteilte das Amtsgericht Duderstadt. Zuvor hatten sich Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf das grobe Strafmaß verständigt.
Ärztin räumt Straftaten ein, begründet sie aber mit ihrem "Gewissen"
Grundlage für diese Verständigung war ein glaubhaftes Geständnis. Über ihren Verteidiger räumte die Ärztin ein, Polizisten und einen Verwaltungsbeamten beleidigt zu haben. Sie gestand in 16 Fällen "unrichtige Gesundheitszeugnisse" ausgestellt zu haben, relativierte dieses Geständnis aber sogleich wieder und erklärte: "Dennoch möchte ich betonen, dass ich im Ansehen meines Gewissens und des Hippokratischen Eids richtig gehandelt habe." Laut Anklage hatte sie teilweise Blankoatteste mit ihrem Praxisstempel ausgestellt, die Gegner der Corona-Maßnahmen offenbar zu Hause ausgefüllt und mit auf Demos gebracht hatten, um keine Maske tragen zu müssen.
Holocaust-Verharmlosung um "vor ähnlicher Entwicklung zu warnen"
Ebenso gestand Javid-Kistel, den Holocaust verharmlost zu haben, als sie bei einer Kundgebung in Herzberg vor zwei Jahren über die Corona-Politik und Impfstoffe gesagt hatte: "Es ist ein Jahrhundertverbrechen. Es ist schlimmer als der Holocaust, was hier abläuft. Es werden mehr Leute sterben als beim Holocaust." Nun heißt es, sie habe nicht die Absicht gehabt, die "nationalsozialistischen Gräueltaten" zu verharmlosen. Vielmehr habe sie vor einer solchen Entwicklung warnen wollen, ließ die Ärztin über ihren Verteidiger erklären. Ihre Äußerungen bei der Kundgebung in Herzberg zum Holocaust fand der Richter "besonders bedenklich", er sprach von einer eindeutigen Verharmlosung.
Tränen im Gericht: Carola Javid-Kistel bangt um Approbation
An einer Stelle brach Javid-Kistel in Tränen aus: Kurz nachdem ihr Verteidiger erklärt hatte, dass man nach dem Urteil nicht den Schluss ziehen sollte, ihr ihre Würdigung als Ärztin abzusprechen. Auch an anderer Stelle betonte der Verteidiger, dass seiner Mandantin ihre Approbation wichtig sei. "Ich bin eine leidenschaftliche Ärztin und hoffe sehr, dort wo ich jetzt hingehe, wieder als Ärztin arbeiten zu können", ließ Javid-Kistel erklären. Gegenüber dem NDR Niedersachsen wollte sich Javid-Kistel nicht äußern. Auch der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA) wollte zu ihrer Approbation aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen.
Javid-Kistel zog Anklagevorwürfe im Vorfeld in Zweifel
Im Messenger-Dienst Telegram hatte Javid-Kistel im Vorfeld des Prozesses die Vorwürfe der Anklage in Zweifel gezogen. Sie schrieb von "angeblicher Volksverhetzung" und "angeblich" unrichtigen Masken-Attesten. Dabei rief sie auch zu Spenden wegen der Prozesskosten auf. In dem Post vom 22. Januar, der mit "Liebe Freunde der Wahrheit und der Freiheit" beginnt, spricht sie auch von "medizinisch sinnlosen Coronazwangsmaßnahmen" und bezeichnet Corona-Impfstoffe als "gefährliche experimentelle Gentherapien". In ihrem Kanal verbreitete sie ebenfalls wissenschaftlich nicht belegte Aussagen, dass Corona-Impfstoffe krebserregend seien.
467 Impfschäden in Deutschland anerkannt
Allerdings haben sich von Beginn der Impfkampagne bis zuletzt weder Behauptungen bewahrheitet, dass Impfungen unwirksam, noch dass sie gefährlich sind. Zwar sind in Deutschland Impfschäden durchaus bekannt: Allerdings sind von bundesweit 11.827 Anträgen auf Anerkennung eines Schadens durch die Corona-Impfung lediglich 467 Anträge anerkannt worden - bei 64,9 Millionen Menschen, die sich bis April vergangenen Jahres in Deutschland mindestens einmal gegen Corona impfen ließen. In Niedersachsen sind 48 Impfschäden anerkannt.
Ärztin mit europäischem Haftbefehl in Zürich festgenommen
Weitere Anklagepunkte zur Befreiung von der Masern-Impfpflicht und übler Nachrede wurden vorläufig eingestellt. Ursprünglich hätte der Prozess vor gut zwei Jahren beginnen sollen. Allerdings hatte sich Javid-Kistel nach Mexiko abgesetzt und war erst im vergangenen Dezember mit einem europäischen Haftbefehl bei der Einreise in Zürich festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert worden. Gegen 30.000 Euro Kaution und Meldepflicht kam sie wieder auf freien Fuß. Der Haftbefehl ist mit dem Urteil aufgehoben. Nach eigenen Angaben will sie nun wieder nach Mexiko gehen.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Ärztekammer Niedersachsen sich nicht zur Approbation von Carola Javid-Kistel äußern wolle. Dies ist nicht korrekt. Richtig ist, dass sich der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung gegenüber dem NDR Niedersachsen nicht zu ihrer Approbation äußern wollte. Die Redaktion bittet für diesen Fehler um Entschuldigung.