Anlagebetrug im Internet: Bandenmitglied muss fünf Jahre in Haft
Das Landgericht Göttingen hat einen Mann wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 75 Fällen zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt. Der 35-Jährige war für eine europaweit aktive Bande tätig.
Nach Ansicht des Gerichts hat der Mann mindestens 62 Anleger um mehr als 1,3 Millionen Euro betrogen. In weiteren 13 Fällen sei es bei versuchtem Betrug geblieben. Der Angeklagte habe für seine Tätigkeit rund 105.000 Euro an Gehalt und Bonuszahlungen erhalten. Dieser Geldbetrag werde nun eingezogen, sagte der Vorsitzende Richter Carsten Schindler am Mittwoch. Weiter entschied das Gericht in sogenannten Adhäsionsklagen von Anlegern, dass der Angeklagte den Geschädigten mehr als 100.000 Euro zahlen soll. Das Gericht blieb in seinem Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte auf eine Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei Monaten plädiert.
Angeklagter wurde in Montenegro festgenommen
Der Angeklagte war den Angaben zufolge von November 2021 bis September 2022 für die Bande tätig. Er wurde im Dezember 2023 in Montenegro festgenommen und Mitte 2024 nach Deutschland überstellt. Während seiner rund fünfmonatigen Auslieferungshaft in Montenegro wurde er nach eigenen Angaben schwer misshandelt. Das Gericht entschied, dass wegen der Haftbedingungen in Montenegro seine dortige Haftzeit im Verhältnis 1:3 auf seine Strafe in Deutschland angerechnet wird.
Angeklagter legte Geständnis ab
Im Prozess, der im Dezember startete, legte der 35-Jährige ein Geständnis ab, das laut dem Richter als glaubwürdig einzustufen ist. Demnach war es seine Aufgabe - von eigens für die Betrugstaten eingerichteten Callcentern auf Zypern und in Thessaloniki (Griechenland) - für vermeintliche Handelsplattformen deutschsprachige Kunden zu kontaktieren und diese zu möglichst hohen Einzahlungen zu bewegen. Die Kunden hatten sich zuvor durch Werbung im Internet dazu verleiten lassen, auf ein Werbebanner für vermeintlich attraktive Anlagemöglichkeiten zu klicken und ihre Kontaktdaten in einem Web-Formular eingegeben. Über ihren Online-Zugang konnten sie dann die vermeintliche Kursentwicklung ihrer Investitionen verfolgen. Der Angeklagte war den Angaben zufolge als Finanzagent am sogenannten Cybertrading beteiligt.
Richter: Dem Angeklagten war der Betrug bewusst
Diese Kursverläufe waren nach Angaben des Richters simuliert, es habe es keine realen Transaktionen gegeben. Den Betreibern der Plattformen sei es einzig darauf angekommen, die eingezahlten Beträge für sich zu vereinnahmen, sagte der Richter. Dem Angeklagten sei von Beginn an bewusst gewesen, dass die Anleger ihre Einzahlungen nicht zurückerhalten würden, hieß es in der Urteilsverkündung. Er habe diesen vorgespielt, dass die eingezahlten Beträge gewinnbringend angelegt und mit Gewinnen zurückgezahlt würden. Tatsächlich hätten die Anleger niemals eine Chance gehabt, das eingesetzte Kapital zurückzuerhalten oder irgendwelche Gewinne zu erzielen, so Schindler.
Angeklagter vor Gericht: "Ich schäme mich dafür"
Das Landgericht berücksichtigte in seinem Urteil, dass sich der Angeklagte "uneingeschränkt kooperativ" gezeigt habe und zur Tatzeit kokainabhängig gewesen sei. Negativ bewertete das Gericht die unternehmerische Struktur und hohe Professionalität seiner betrügerischen Tätigkeiten. Der 35-Jährige habe diesem System "bewusst gedient", um sich eine regelmäßige Einnahmequelle zu verschaffen. Auch wenn seine Steuerungsfähigkeit wegen seiner Kokain-Abhängigkeit beeinträchtigt gewesen sei, habe der Angeklagte zielgerichtet und planmäßig gehandelt, so das Gericht. Der Angeklagte sagte in seinem Schlusswort: "Es tut mir leid, was ich getan habe, und ich schäme mich dafür."