Zu viele Anmeldungen - Förderschulen kommen an ihre Grenzen
Förderschulen sind nicht für die hohe Zahl der Anmeldungen ausgelegt. Immer häufiger schlagen sie deshalb auch in Niedersachsen Alarm. So auch die Schule am Wasserwerk in Burgdorf in der Region Hannover.
Eigentlich ist die Förderschule für Geistige Entwicklung in Burgdorf auf 100 Kinder ausgelegt. Inzwischen werden hier aber 135 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Und das hat Folgen, weiß Schulleiter Thomas Stopper: "Ein Teil des Werkraums ist aufgelöst, der Kunstraum ist jetzt ein Klassenzimmer." Ältere Jahrgänge würden in Außenstellen und angemieteten Wohnungen unterrichtet.
Inklusionsquote an Regelschulen sinkt
Die Schule am Wasserwerk ist kein Einzelfall. In der Region Hannover, in ganz Niedersachsen und Deutschland haben die Förderschulen dieses Problem. Unter anderem deshalb, weil die Diagnostik inzwischen besser ist, den Kindern also häufiger ein Förderbedarf nachgewiesen wird. Und das macht sich auch in der Zahl der Schülerinnen und Schüler bemerkbar. Laut der Region Hannover hat sich die Zahl in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt, die Inklusionsquote sei dabei aber gesunken. "Lehrkräfte an Regelschulen sind häufig überfordert", sagt Ulf-Birger Franz, Bildungsdezernent der Region Hannover.
Anmeldezahlen um fast 50 Prozent gestiegen
Viele Eltern würden sich deshalb lieber für einen Platz an der Förderschule entscheiden, weil sie ihre Kinder hier individueller betreut sehen, sagt der Bildungsdezernent. Das merkt auch Schulleiter Stopper. Die Anmeldezahlen seien in den vergangenen Jahren um fast 50 Prozent gestiegen. Der Andrang bedeute für dieses Schuljahr, dass bis zum Herbst ein Raum für eine ganze Klasse fehle. Deshalb wurden die Schülerinnen und Schüler aufgeteilt. In drei Klassen werden jetzt zehn Kinder unterrichtet. Eigentlich sollten es nur sieben sein.
Unterrichtssituation "belastend"
Und das macht sich bemerkbar, weiß Lehrer Kay-Arne Getzke: "Dass führt zu viel Trubel. Gerade auch, weil wir Kinder mit Autismus haben, die oft laute Geräusche machen, davon fühlen sich andere Schülerinnen und Schüler gestört und werden dann wieder lauter." Die Folge: Eine hohe Geräuschkulisse, die es für die Kinder schwierig macht, zu lernen und für die Lehrkräfte durchaus belastend ist.
Neubau der Förderschule verzögert sich
Seit 2012 wird deshalb über eine Erweiterung der Förderschule nachgedacht. Seit ein paar Jahren steht fest: Es wird neu gebaut. Und zwar direkt neben der IGS. Die Gesamtschule steht bereits, der Bauplatz für die Förderschule ist aber noch eine Rasenfläche. Und das, obwohl mit der Planung beider Neubauten gleichzeitig begonnen wurde. Die Förderschule soll voraussichtlich in drei bis vier Jahren fertig sein.
Region hat im vergangenen Jahr 20 neue Räume geschaffen
Bildungsdezernent Franz sagt: Im Grunde komme man mit dem Bau nicht hinterher. Allein 2023 hätte die Region 20 neue Räume an unterschiedlichen Förderschulen geschaffen. Das entspricht etwa einer Förderschule. An der Raumnot hat das aber nur wenig geändert - denn eigentlich müsste die Region angesichts der hohen Nachfrage 1,2 Förderschulen pro Jahr bauen. So könne es nicht weitergehen, macht Franz deutlich: "Wir können nicht permanent neue Förderschulen bauen, weil die Inklusion nicht gelingt."
Region fordert Schwerpunktschulen
Franz spricht sich für neue Konzepte aus: Grundschulen müssten zu Schwerpunktschulen umgebaut werden. Heißt: Besondere Räume, um Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern gerecht zu werden. Aber auch, um Kinder mit schweren Mehrfachbehinderungen wickeln zu können. Aber auch mehr therapeutisches Personal. Doch um solche Projekte umzusetzen, braucht es das Land.