"Wolfsgipfel" in Berlin: Bauern fordern Handhabe gegen Wölfe
Laut Bauernverband, der zum "Wolfsgipfel" nach Berlin eingeladen hatte, wird die Ausbreitung des Wolfs für Tierhalter zunehmend zum "existenziellen Problem". Viele Landwirte fordern eine Regulierung.
In der Debatte um eine Regulierung des Wolfsbestandes in Deutschland fordert der Deutsche Bauernverband (DBV) unbürokratische Möglichkeiten, sogenannte Problemwölfe zu fangen oder zu töten. Der DBV verwies auf einen "ungebremst wachsenden Wolfsbestand", die Interessenvertretung geht aktuell von mehr als 2.000 Tieren in Deutschland aus. Getroffen hatten sich zum "Wolfsgipfel" Experten aus ganz Deutschland, darunter Heiko Blume (CDU), Landrat des Landkreises Uelzen.
"Es geht nicht darum, den Wolf auszurotten"
"Die Weidetierhalter stehen vor ihren gerissenen Tieren und man kann fast gar nichts machen", sagte Blume dem NDR in Niedersachsen. "Das macht etwas mit den Menschen, ich habe da auch Tränen in den Augen gesehen." Weidetierhalter würden daher zunehmend aufgeben, so Blume. Es fehle die Perspektive für die Menschen auf dem Land. Blume forderte auf dem "Wolfsgipfel" das Bundesumweltministerium auf, entscheidende Schritte in Brüssel zu unternehmen, um die Rechtslage zu vereinfachen. "Der Wolf muss regelhaft auch gejagt werden dürfen." Das müsse, wie bei anderen Wildtierarten auch, abhängig vom aktuellen Bestand und vom erwarteten Zuwachs getan werden. "Es geht nicht darum, den Wolf auszurotten, das ist eine geschützte Art und das wird auch so bleiben", so Blume.
Dem Wolf die "Scheu vor dem Menschen" zurückgeben
Die aktuellen Regelungen und Ausnahmegenehmigungen seien praktisch nicht mehr anwendbar in einem Landkreis, in dem inzwischen sechs Wolfsrudel leben, so Blume. Diese Zahl hätte vor zehn Jahren kaum jemand für möglich gehalten. "Und es werden immer mehr", so der Landrat. "Wir brauchen Instrumente, um etwas tun zu können." Manche Menschen fragten sich, ob sie überhaupt noch allein im Wald spazieren gehen könnten. Eine regelhafte Bejagung könne helfen, dem Wolf die Scheu vor dem Menschen zurückzugeben.
"Immer mehr Wolfsangriffe auf Pferde"
Ähnlich sieht es auch Alexandra Duesmann, Präsidentin des Pferdesportverbands Hannover, die ebenfalls zum "Wolfsgipfel" in Berlin angereist war: "Die Wiederansiedlung des Wolfes stellt Pferdehalter und Züchter mittlerweile vor wirklich große Probleme", sagte Duesmann. Denn es gebe inzwischen auch immer mehr Wolfsangriffe auf Pferde. "Früher hieß es, Pferde sind zu groß, aber der Wolf hat offenbar überhaupt keine Scheu mehr." Für Pferde wird laut Duesmann eine wolfsabweisende Zäunung nur gefördert, wenn es dreimal im Umkreis von 30 Kilometern des Standorts einen Wolfsangriff gab. Zäune kosteten aber nicht nur viel Geld, sie seien für die Tiere auch kein ausreichender Schutz, wenn ein Wolf auftaucht: "Pferde sind Fluchttiere", so Duesmann. Ein Zaun könne sie oft nicht davon abhalten, in Panik auf die nächste Bundesstraße zu rennen.
"Ein Pferd ist wie ein Familienmitglied, wie ein Partner"
Viele Pferdepensionsbetriebe und Zuchtbetriebe leiden laut Duesmann bereits unter existenziellen Konsequenzen. Darüber hinaus sei ein Pferd wie ein Familienmitglied, wie ein Partner: "Wir dürfen nur danebenstehen und zusehen, wie unsere Tiere sterben. Das ist für jemanden, der solche Tiere hält, schwer zu verkraften", so Duesmann. Sie fordert daher ein "praktikables Wolfsmanagement", das ein "Nebeneinander von Weidetieren und Wölfen" ermöglicht. Dafür sei es nötig, den Wolf in seinem Schutzstatus niedriger einzustufen und damit auch erschießen zu können. Die Zahl der Wölfe steige immer weiter. "Einfach mal zu schauen, wie es sich so weiterentwickelt, ist keine Option", sagte Duesmann.
Landvolk: Wölfe "längst jegliche Scheu vor dem Menschen verloren"
Auch das Landvolk Niedersachsen gab an, Wölfe hätten "längst jegliche Scheu vor dem Menschen verloren". Demnach kommen Begegnungen zwischen Menschen und Wölfen immer häufiger vor und das "am helllichten Tage und auch immer intensiver". Rund um den "Tag des Wolfs" am Sonntag ruft das Landvolk deshalb wieder zu Protesten gegen die Ausbreitung von Wölfen auf. Dazu wird es laut Landvolk-Vize Jörn Ehlers auch in Niedersachsen viele Aktionen geben, außerdem wolle das Landvolk mit Videos von Wolfsrissen betroffener Weidetierhalter in den sozialen Medien auf das Thema aufmerksam machen.
NABU in Niedersachsen sieht Erfolg von Herdenschutzmaßnahmen
Der Deutsche Bauernverband geht von einer hohen Dunkelziffer von Wolfsrissen aus, Weidetierhalter würden diese aus Sorge vor Konsequenzen und hohem bürokratischem Aufwand immer weniger melden. Der Naturschutzbund (NABU) in Niedersachsen dagegen sieht in Zahlen der Landesjägerschaft Niedersachsen einen Beleg für den Erfolg von Herdenschutzmaßnahmen. Den Angaben zufolge stieg die Zahl der wild lebenden Wölfe in Niedersachsen, während die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere zurückging. "Herdenschutz wirkt - das ist eine belegbare Botschaft, die sich nun auch in den Statistiken der Landesjägerschaft widerspiegelt", sagte der NABU-Landesvorsitzende Holger Buschmann. Er fordert deshalb, dass das Land "seine fachliche und finanzielle Unterstützung zum Schutz von Weidetieren" weiter ausbaut.