Viel Leerstand: Wie Senioren den Wohnraummangel lindern können
In Deutschland werden 60 Prozent der Eigenheime von ein oder zwei Personen genutzt. Ein Beispiel aus Osnabrück zeigt: Da ist noch Potenzial für die Nutzung von freiem Wohnraum.
Ins Haus von Gabi und Heinrich Leufker im Osnabrücker Stadtteil Sutthausen ist vor einiger Zeit wieder mehr Leben eingekehrt. Die Kinder sind schon seit vielen Jahren ausgezogen. Daher standen diese Zimmer leer, waren ungenutzt, mussten aber trotzdem geheizt und sauber gehalten werden. Völlig überflüssig, fanden die Leufkers. Daher ihre Idee: die beiden oberen Stockwerke baulich abtrennen und als Wohnung vermieten.
Einfamilienhaus wird zum Mehrgenerationenhaus
Dazu haben die Leufkers im Eingangsbereich eine zusätzliche Wand eingezogen, eine Tür versetzt und eine weitere eingebaut. So kann die neue 28-jährige Bewohnerin ihre Wohnung ganz unabhängig betreten. Die Lehrerin wohnt seit etwas mehr als einem Jahr in der 75-Quadratmeter-Wohnung. Nachmittags tauscht sie sich gerne mit dem Ehepaar aus, ihrer "Ersatz-Mama und Ersatz-Papa", wie sie sagt. Beide Seiten finden das Zusammenleben sehr angenehm. Ein weiterer Vorteil für die beiden Senioren: Sie müssen jetzt kaum noch Treppen steigen. Außerdem haben sie im Zuge des Umbaus das Bad und die Türen barrierefrei gestaltet. So hoffen sie, möglichst lange in dem Haus wohnen bleiben zu können, in ihrem gewohnten Umfeld.
Stadt Osnabrück unterstützt Ältere beim Umbau
Die Stadt Osnabrück fördert Planungskosten, Umbaumaßnahmen und Reaktivierung ungenutzten Wohnraums mit bis zu 9.700 Euro pro Wohneinheit. Lange sei das Interesse daran marginal gewesen, berichtet Sabine Steinkamp von der städtischen Kontaktstelle Wohnraum. Mittlerweile steige es an. Auch der Osnabrücker Stadtrat sieht viel Potenzial und hat im November 2023 ein entsprechendes Pilotprojekt auf den Weg gebracht. Könnte man mehr Seniorinnen und Senioren zum Umbau oder gar Umzug in eine kleinere Wohnung bewegen, dann müsste man sich in Osnabrück "über Neubau nicht mehr unterhalten", meint Steinkamp.
Wissenschaft sieht viel Potenzial
Studien zufolge können sich 25 bis 50 Prozent der Seniorinnen und Senioren in Deutschland grundsätzlich vorstellen, noch einmal umzuziehen. Laut einem von der Immobilienagentur Pantera AG beauftragten Gutachten könnten so im besten Fall weit mehr als 400.000 Wohnungen für jüngere Menschen frei werden. Ein gewaltiger Faktor. Denn nach Zahlen des Eduard-Pestel-Instituts für Systemforschung fehlen in Deutschland etwa 700.000 Wohnungen.
Senioren wollen umziehen, haben aber hohe Ansprüche
Die Stadt Osnabrück will künftig eine Serie von "Wohncafés" organisieren, bei denen ältere Menschen erste Informationen zum Thema Umzug erhalten. Zur Auftaktveranstaltung im Stadtteil Lüstringen sind laut Stadt kürzlich zehn Interessierte erschienen. Sie alle denken über einen Umzug in eine kleinere und barrierefreie Wohnung nach, in der sie im Alter möglichst lange leben können. Viele von ihnen würden eine solche Wohnung gern im angestammten Stadtteil finden, um ihr soziales Umfeld zu behalten. Außerdem wünschen sie sich in der Nähe Grünanlagen, Einkaufsmöglichkeiten und Bushaltestellen.
Größtes Hindernis beim Umzug: das Geld
Eine neue, kleinere Wohnung zu kaufen oder zu mieten, würde Seniorinnen und Senioren auf dem angespannten Immobilienmarkt allerdings viel Geld kosten. Die Osnabrückerin Annett Gläser hat das für sich durchgerechnet: "Wir müssten das Haus verkaufen, müssten all unser Gespartes drauflegen und hätten dann eine kleine Wohnung dafür." Für Gläser zu unattraktiv. Dabei sei diese Rechnung unvollständig, merkt Beraterin Steinkamp an. Schließlich sei ein größeres Haus mit höheren Nebenkosten verbunden. Und wenn man es eines Tages nicht mehr selbst bewirtschaften könne, schlügen auch die Putzfrau und der Gärtner zu Buche. Bei allen Überlegungen sei ein Punkt entscheidend, sagt Heinrich Leufker, der sich schon verkleinert hat: "Das alles früh genug zu machen, wenn man noch einigermaßen fit ist."