Schlechte Ernte: Landwirte suchen Lösung für Folgen der Klimakrise
In Niedersachsen ist die Getreideernte in diesem Jahr um gut 14 Prozent geringer ausgefallen als im Vorjahr. In der Erntebilanz nennt die Landwirtschaftskammer die Gründe.
Etliche Gegenden hätten mit doppelt so viel Regen wie üblich zu kämpfen gehabt. "Das nasse Winterhalbjahr hat die Aussaat und die Entwicklung der Jungpflanzen zum Teil stark beeinträchtigt", erklärte Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, bei der Vorstellung der Erntebilanz am Donnerstag. Die Folge: Niedersachsens Landwirte haben im vergangenen Jahr etwa 4,6 Millionen Tonnen Getreide geerntet. Pro Hektar sind die Durchschnittserträge von gut 7 Tonnen im Vorjahr auf etwa 6,6 Tonnen gesunken.
Erzeugerpreise sinken
Und auch die Erzeugerpreise sorgen bei Landwirtinnen und Landwirten für Enttäuschung: Im Vergleich zum Jahr 2023 gingen die Preise für Getreide, Körnermais und Kartoffeln laut Landwirtschaftskammer zwischen 8 und 23,3 Prozent zurück. Höhere Preise gab es hingegen für Raps (plus 4,2 Prozent).
Wetterextreme bereiten Sorgen
Die eher unterdurchschnittliche Erntebilanz ist vor allem dem Wetter geschuldet. In diesem Jahr war es den Angaben zufolge zu nass - nach Jahren der Trockenheit. Im Frühjahr konnten viele Landwirte ihre Felder nicht bestellen, weil die Flächen überflutet waren und nicht beackert werden konnten. Extreme Witterung mit Hitze-, Nässe- und Dürrephasen wird auch in der Landwirtschaft immer mehr zum Thema.
Helfen neue Anbauverfahren?
Auf einem Feld bei Ganderkesee forschen Bernd Lummer und sein Team vom Landmaschinenhersteller "Amazone" an neuen Anbauverfahren. Dabei geht es auch immer um die Frage: Wie können Landwirte trotz extremer Wetterereignisse gute Ernten erzielen? Bis vor Kurzem ist auf der Fläche Hafer gewachsen. Nun versenkt eine Sämaschine Rapskörner im Boden. Und nicht nur die, erklärt Agraringenieur Lummer: "Wir pflanzen auch eine Begleitsaat, beispielsweise Leguminosen, die in der Lage sind, Stickstoff aus der Luft zu sammeln, so dass wir weniger mineralischen Dünger benötigen."
Ein Trend auf dem Acker: Direktsaat
Das bedeutet nicht nur Zeit- und Kostenersparnis, sondern auch weniger Fahrten übers Feld. Und in Zeiten von großer Trockenheit oder auch Nässe gilt: Je weniger eine Ackerfläche bearbeitet wird, desto besser. Denn das trocknet die Felder zusätzlich aus. Oder aber die Reifen der schweren Maschinen verdichten die Erde zu sehr, gerade bei nassen Böden wird das zum Problem. Aus diesen Gründen gehen immer mehr Landwirte auch zu sogenannter Direktsaat über. Das bedeutet, der Acker wird nicht mehr tief gepflügt, sondern die Körner direkt auf die Erde ausgebracht. Auch so lässt sich verhindern, dass Böden austrocknen.
Weniger Erträge, mehr Sicherheit
"Bei der Direktsaat muss man im Mittel rund zehn Prozent Ertragsverlust einkalkulieren", erklärt Bernd Lummer. Aber in Zeiten des Klimawandels sei es auch falsch, nur auf maximale Ernteerträge zu achten. So sieht es auch Renke Dählmann, Landwirt und Lohnunternehmer aus Hude: "Wichtig ist, dass wir uns breit aufstellen, um dem Klimawandel zu begegnen." Er wählt Getreide- und Maissorten, die sowohl mit Trockenheit als auch mit Nässe gut zurechtkommen. Alles auf eine Karte zu setzen - besser gesagt auf wenige Getreidesorten - sei nicht mehr zeitgemäß, so Dählmann. So riskiere man einen Totalausfall.
Maiszünsler auf dem Vormarsch
Auch vor dem an sich robusten Mais machen die Klimaveränderungen nicht halt, auch wenn die Landwirtschaftskammer bisher von einer durchschnittlichen bis guten Ernte ausgeht: "Erste Pflanzen sind bei uns im Norden vom Maiszünsler befallen", so Renke Dählmann, "der Schädling ist in Süddeutschland heimisch, breitet sich begünstigt durch den Klimawandel aber auch in unserer Gegend aus." Renke Dählmann weiß aber Rat: Er besitzt eine Maschine, mit der sich die Maisstoppeln zerstören lassen - so fehlt den Larven des Maiszünslers das Winterquartier.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Erzeugerpreise für Kartoffeln gestiegen seien. Da ist uns ein Fehler unterlaufen. Die Preise sind vielmehr um 15 Prozent gesunken. Wir haben die Angabe korrigiert.