Politiker, Praktiker: Der neue Sozialminister Andreas Philippi
Dass Andreas Philippi neuer Sozialminister von Niedersachsen wird, das hatte niemand auf dem Schirm. Nun will der Chirurg aus Herzberg das Gesundheitswesen im Land reformieren.
Der Anruf kam überraschend. Als Andreas Philippi vor gut zwei Wochen in Berlin den Hörer abnimmt, ist Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) persönlich am Apparat. "Er hat gesagt, dass wir eine Krankenhausreform umzusetzen haben, in der es wichtig wäre, mit Menschen zu arbeiten, die gut vernetzt sind", erzählt der 57-Jährige. Weil habe gewusst, dass sich Philippi, der Arzt aus dem Harz, als Bundestagsabgeordneter für die SPD sehr mit Gesundheitsthemen beschäftigt habe.
Eine Riesenaufgabe wartet auf den Neuen
Bei der anschließenden Zugfahrt von Berlin nach Hannover wusste er zwar noch nicht genau Bescheid, habe sich aber seinen Teil gedacht, erzählt Philippi weiter. Boris Pistorius Berufung als Verteidigungsminister nach Berlin, Gesundheitsministerin Daniela Behrens (beide SPD) vorübergehend als Chefin im Innenministerium. Die Umstände sprachen für sich. Als Stephan Weil tags darauf tatsächlich fragt, ob Philippi sich das neue Amt vorstellen könne, habe er sofort "Ja" gesagt. "Ich habe wirklich Lust darauf, weil ich glaube, mein ganzes ärztliches Leben kann ich jetzt an dieser Stelle auch mit einem politischen Leben vollenden, weil ich glaube, dass an dieser Stelle viele Dinge eine Rolle spielen, die ich mir in den letzten Jahren erarbeitet habe." Seine Erfahrung wird er gebrauchen können: Verbesserungen in den Krankenhäusern, Notaufnahmen und bei den Rettungsdiensten stehen an, die Versorgung der Menschen auf dem Land, der Fachkräftemangel in der Pflege. Das sind nur einige Themen, die Philippi jetzt anpacken muss.
Vom OP-Tisch in den Bundestag
Mehr als 20 Jahre arbeitete Philippi als Facharzt für Chirurgie. Bis zuletzt im medizinischen Versorgungszentrum in Herzberg am Harz. Nabel-, Leisten-, oder auch Handbrüche galt es zu reparieren auf dem OP-Tisch. Bei der Bundestagswahl im Herbst 2021 holte er das Direktmandat im Wahlkreis Göttingen und zog in den Bundestag ein. Doch auch als Abgeordneter kehrte er regelmäßig an den OP-Tisch in Herzberg zurück und operierte weiterhin. "Ich habe festgestellt, dass diese 30 Stunden im Monat dazu beigetragen haben, dass man noch viel näher an den Menschen dran ist", so Philippi.
Auch im Bundestag wurden mal Fäden gezogen
Aber auch die Abgeordneten in Berlin waren froh über den Mediziner an ihrer Seite. "Ich habe viele kleine Sprechstunden am Rande des Plenums geführt. Wenn jemand unterwegs war, dem mal Fäden gezogen werden mussten, habe ich ihm die Fäden gezogen im Bundestag, da hatte ich ein kleines Besteck dabei", erzählt Philippi mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Er, der erst im Herbst 2021 in den Bundestag eingezogen war, hat mittlerweile auf sein Mandat in Berlin verzichtet.
Die Eltern sind große Vorbilder
Aufgewachsen ist Philippi in einer weltoffenen Familie im nordhessischen Bad Zwesten. Der Vater Pastor und Seelsorger, auch die Mutter war im Einsatz für die Gemeinde. "Wir haben viele Menschen im Haus gehabt, wir haben uns viel um die Kranken und um die Schwachen gekümmert, meine Mutter als Pfarrfrau damals hatte auch die Aufgabe, in der Gemeinde alte und kranke Menschen zu pflegen. Man hat viele Schicksale mitbekommen." Seine Kindheit und Jugend hätten ihn sehr geprägt.
Minister müssen Wort halten
Anders als in seiner Zeit als Abgeordneter im Bundestag wird Philippi künftig nicht mehr im Operationssaal stehen können. Auch sein Engagement als ehrenamtlicher Vorsitzender beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Osterode wird er nach und nach einstellen müssen. Aber dort hat er zunächst noch eine Aufgabe zu erfüllen. "Ich beabsichtige ein Versprechen, das ich gegeben habe, nicht runterrutschen zu lassen", sagt er. Es geht um eine neue Rettungswache im DRK Kreisverband Osterode, die will er noch mit den Krankenkassen abschließend verhandeln. Minister müssten zu ihren Wörtern stehen.