Umweltminister Christian Meyer - Anecken im grünen Pulli
In Sachen Energiewende möchte Christian Meyer gerne "Turbominister" sein. Doch in der Energiepolitik muss der grüne Umweltminister auch Entscheidungen mittragen, die er in der Opposition kritisierte. Ein Porträt.
So richtig wohl fühlt sich Christian Meyer nicht. Es ist Mitte Januar, der Umweltminister macht seinen Antrittsbesuch beim Energiekonzern RWE in Lingen. Am Gaskraftwerk soll ein riesiger Batteriespeicher eingeweiht werden. Auf dem Werksgelände muss Meyer einen Sicherheitshelm tragen, vorne prangt der RWE-Schriftzug. Dass es nun viele Bilder gibt von ihm, ausgerechnet mit dem blauen Konzern-Helm auf dem Kopf, wurmt Meyer im Nachhinein. Steht RWE doch vor allem für Atomkraft und Kohleabbau.
Politisch sozialisiert Anti-AKW-Demos und Castor-Blockaden
Doch der grüne Minister nimmt es gelassen. Lobt Lingen als wichtigen Standort, an dem die Energiewende mit Tempo vorangetrieben werde. Und freut sich, dass er als bekennender Atomkraftgegner nun mit RWE auch über den Rückbau des Kernkraftwerks in Lingen spricht. Meyer ist nicht weit vom Atomkraftwerk Grohnde aufgewachsen. Schon als Schüler hat er dagegen demonstriert. Ein "berüchtigter Öko" sei er damals gewesen, erzählt er. In seiner Heimatstadt Holzminden habe er Demonstrationen organisiert und später bei Castor-Blockaden in Gorleben mitgemacht. Immer friedlich, betont der 47-Jährige.
Entscheidungen, die gegen grünes Grundverständnis verstoßen
Christian Meyer ist selbstbewusst, er redet viel und schnell. Oft wirkt er rastlos. "Ich bin jemand, der sehr energisch Ziele verfolgt, der eine große Ungeduld hat", sagt der Grüne über sich selbst. "Und der natürlich auch mal aneckt." Als Meyer noch in der Opposition war, hat er das mit dem Anecken gerne ausgereizt. Hat die Regierung scharf kritisiert, dabei oft überzogen. Als Umweltminister muss er sich deutlich mehr verbiegen. Zum Beispiel in der Energiepolitik. Als Oppositionspolitiker hat Meyer gegen die LNG-Terminals an der Küste und die geplanten Erdgas-Bohrungen in der Nordsee noch kräftig geschimpft. Nun - auf der Regierungsbank - muss er die Entscheidungen zähneknirschend mittragen.
Thema Wolf: Meyer findet Herdenschutz besser als Abschuss
Trotz seiner Vergangenheit mit Demos und Sitzblockaden beschreibt Meyer sich im Kern als wertkonservativ. Wälder, Flüsse und Landschaften zu erhalten und dafür zu sorgen, dass die Natur intakt bleibt, das treibt ihn an. "Das ist natürlich etwas Konservatives, etwas Bewahrendes." Bewahren und schützen will der grüne Umweltminister auch den Wolf. Ein schwieriges Thema, denn immer wieder reißen die Tiere in Niedersachsen Schafe, Rinder oder Ponys. Ein politischer Spagat. Meyer macht klar: "Der Wolf ist kein Kuscheltier." Verhaltensauffällige Tiere müssten geschossen werden. Wichtiger ist ihm aber der Herdenschutz und die Hilfen für Nutztierhalter. Höhere Zäune findet er besser als Abschuss.
Politische Karriere begann vor 25 Jahren in Holzminden
In der Politik ist Christian Meyer schon seit mehr als 25 Jahren. Zuerst im Stadtrat und im Kreistag von Holzminden, jetzt im Landtag. Von 2013 bis 2017 war er der erste grüne Landwirtschaftsminister in Niedersachsen. Damals gehörte er zu den Jüngsten im Kabinett, heute ist er der älteste grüne Minister. "Turbominister" nennt er sich selbst. Wegen des nötigen Turbos für die Energiewende. Auf Äußerlichkeiten legt Meyer keinen großen Wert. Krawatte trägt der grüne Umweltminister nie. Dafür gern bequeme Schuhe. Und fast immer einen grünen Pullover. "Mehrere Dutzend" dieser Pullover besitze er, erzählt der Minister lachend. Damit werde er überall erkannt, das sei inzwischen sein Erkennungszeichen.