Nitratbelastung: Kontrollen bleiben mangelhaft
Viele Menschen in Norddeutschland machen sich Sorgen um ihr Wasser. So wie Gudrun Findorff. An einer mobilen Laborstation lässt sie ihr Brunnenwasser untersuchen. "Meine Schwiegermutter trinkt das Wasser auch. Die trinkt das schon ewig. Damit fühlt sie sich wohl. Da wollte ich wissen, was da drin ist." Das Ergebnis: Ein deutlich erhöhter Nitratwert in ihrem Brunnenwasser.
Das Problem ist in einigen Landkreisen Westniedersachsens besonders groß. Hier stehen Mastställe in einer Dichte, wie sonst nirgendwo in Deutschland. Außerdem wurden hier in den vergangenen Jahren viele Biogasanlagen gebaut, deren Gärreste ebenfalls entsorgt werden müssen. Dadurch wird hier deutlich mehr Wirtschaftsdünger (Gülle, Jauche, Mist, Gärreste) produziert, als in der Region ordnungsgemäß entsorgt werden kann. Besonders seit 2006 steigt die Nitratbelastung hier an.
Sorge um Qualität des Trinkwassers
Egon Harms vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV) sorgt sich schon seit Jahren um die Qualität des Grundwassers in der Region. Unser Trinkwasser in Norddeutschland wird zu 80 bis 100 Prozent aus Grundwasser gewonnen. Im Trinkwasser darf nicht mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser enthalten sein. Doch schon heute messen Harms und seine Kollegen im oberflächennahen Grundwasser Werte jenseits von 100 Milligramm pro Liter. "Wenn das Grundwasser, welches wir zu Trinkwasser aufbereiten, über dem Grenzwert mit Nitrat belastet ist, dann haben wir ein sehr großes Problem, weil wir das Nitrat im Wasserwerk nicht entfernen können. Dass heißt wir könnten dann dieses Grundwasser nicht zur Trinkwassernutzung aufbereiten." Zu viel Nitrat im Trinkwasser könnte Krebs auslösen. Bei Säuglingen kann dadurch Sauerstoffmangel eintreten.
Wo landet der Dünger?
Beim Düngen müssen sich die Landwirte an die sogenannte Düngeverordnung halten. Sie schreibt vor, wie viel Dünger wo ausgebracht werden darf. Ob sich alle Landwirte daran halten, kann die Aufsichtsbehörde allerdings nicht immer genau feststellen, erklärt Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (B‘90/Grüne). "Die zuständige Düngebehörde fährt zurzeit ein Stück weit blind. Es muss zwar gemeldet werden, wenn Gülle von A nach B geht, aber unserer zuständigen Behörde ist nicht bekannt, wo eigentlich die Ställe stehen, wie viele Tiere dort gehalten werden und wie viele Flächen beim Landwirt vorhanden sind." Sein Ziel ist es, alle Daten zentral in einem sogenannten Nährstoffregister zu erfassen, um den wenigen Landwirten auf die Schliche zu kommen, die regelwidrig Gülle und Gärreste auf die Felder kippen.
Klare Regeln statt Freiwilligkeit
Für Vertreter des Bauernverbands ist diese zentrale Erfassung unnötig. Ulrich Löhr, Vorsitzenden des Landvolks Braunschweiger Land, geht davon aus, "dass wir hier eine weiteres Datengrab eröffnen. Wo Dinge gesammelt werden, die uns aber in der Lösung der Problematik nicht weiterbringen". Löhr schlägt eine "privatwirtschaftlich Lösung" des Nitratproblems vor. Die überschüssigen Düngermengen aus Westniedersachsen sollten einfach per LKW in die Ackerbauregionen im Osten und Südosten Niedersachsens gebracht werden. Landwirtschaftsminister Meyer hält diesen Vorschlag aber nicht für ausreichend. "Es reicht nicht nur auf Freiwilligkeit zu setzen. Wir brauchen klare Regeln, um die schwarzen Schafe auch zu erwischen." Gülle und Gärreste illegal zu entsorgen sei schließlich vielfach billiger, als der Transport per LKW über viele hundert Kilometer.
Damit Christian Meyer das Nährstoffregister in die Tat umsetzen kann, benötigt er allerdings eine sogenannte "Landesermächtigung" in der Düngeverordnung des Bundes. Eine neue Verordnung ist in den letzten Monaten vom Bundeslandwirtschaftsministerium erarbeitet worden. Doch in dem vorliegenden Entwurf zur Düngeverordnung ist keine "Landesermächtigung" (*)enthalten, die eine zentrale Erfassung aller düngerelevanten Daten pro Bundesland ermöglichen würde. Damit wäre Meyers Idee vom Tisch. Er hofft jetzt eine Landesermächtigung über den Bundesrat durchzusetzen.
(*)Hinweis: In dem Entwurf zur Düngeverordnung ist zwar eine Landesermächtigung enthalten. Diese erlaubt den einzelnen Bundesländern aber nur, dass sie in einzelnen Regionen mit schlechten Nitratwerten im Grundwasser bestimmte Maßnahmen vorschreiben können, um die Nitratewerte abzusenken. Ein zentrale Erfassung von düngerelevanten Daten pro Bundesland ist damit aber nicht möglich.