Unterricht in einer fünften Klasse. © NDR Screenshot

Nach der Corona-Pandemie: Diese Folgen spüren Schulen heute noch

Stand: 24.02.2025 14:45 Uhr

Schulschließungen und digitales Lernen zeigen fünf Jahre nach dem Beginn von Corona ihre Folgen: Schulen sehen Mängel im schulischen und sozialen Bereich bei Schülerinnen und Schulen.

von Larissa Mass

Die Ludgerusschule Vechta startet bei den neuen Fünftklässlern anders als bisher in ihr erstes Schuljahr an einer weiterführenden Schule. In der katholischen Oberschule gibt es jetzt eine zweiwöchige Einführungsphase für die Kinder. Dazu wöchentlich eine verpflichtende Stunde Sozialtraining und ein sogenanntes Logbuch für die Schülerinnen und Schüler, um die individuellen Lernprozesse festzuhalten. Denn es hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass die Schüler mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen aus der Grundschule kommen. Ein Grund dafür: Die Schülerinnen und Schüler haben teilweise schon ab der ersten Klasse Schulschließungen und digitalen Unterricht während der Corona-Pandemie erlebt.

Dorothee Belling sitz am PC. © NDR Screenshot
Dorothee Belling ist die didaktische Leitung an der Ludgerusschule in Vechta.
Langzeitfolgen durch Schulschließungen

Dorothee Belling ist die didaktische Leitung an der Ludgerusschule in Vechta. Sie sieht, dass die Corona-Maßnahmen bei vielen Kindern zu Langzeitfolgen geführt haben - im schulischen und sozialen Bereich. Viele Schülerinnen und Schüler sind auf einem anderen Lernstand als früher. Beispielsweise sei das Einmaleins nicht mehr gefestigt, was vor den Corona-Maßnahmen selbstverständlich war. "Im Bereich des Lernens haben wir gemerkt, dass wir viel verändern müssen in unserer Schulstruktur und in unserem Schulalltag", führt Belling aus.

Basiswissen ist nicht gefestigt

Auch in der 10H der Leonore Goldschmidt-Gesamtschule in Hannover konnten laut ihren Lehrkräften viele Defizite aus der Corona-Zeit aufgeholt werden. Jedoch sind manche immer noch bemerkbar. Die Schülerinnen und Schüler haben vor allem in der fünften Klasse Schulschließungen erlebt. Die 15-jährige Lisa Aleyna Gülkokuer sagt, dass sie es damals herausfordernd fand, sich auf das digitale Lernen umzustellen und ihr immer wieder aus dieser Zeit Grundlagenwissen in verschiedenen Fächern fehlt: "Gerade wenn die Lehrer uns darauf ansprechen, dass wir das früher auch hatten, dann sagen wir, dass das während Corona war und wir das dadurch nicht richtig lernen konnten."

Pisa-Studie: Hohe Defizite in Mathematik

Die Pädagogin Dr.Carolin Reinck von der Universität Oldenburg ordnet ein, dass laut internationaler Studienlage im Schnitt ein Lernrückstand von einem Drittel-Schuljahr entstanden ist. Zuvor schon benachteiligte Schülerinnen und Schüler, beispielsweise betroffen von Armut, Erkrankungen und Beeinträchtigungen, haben deutlich höhere Rückstände. "Und die Pisa-Studie hat uns im letzten Jahr eindeutig gezeigt, wie groß der Rückstand besonders in Mathematik ist. Die Schulschließungen waren ungünstig für die mathematische Entwicklung."

Jugendliche lernen digital. © NDR Screenshot
In der 10H der Leonore-Goldschmidt-Schule lernen sie in vielen Fächern mit digitalem Einsatz.
Studie Universität Oldenburg: Ängste haben zugenommen

In einer Erhebung hat die Universität Oldenburg festgestellt, dass ein hoher Anteil von Schülerinnen und Schülern bei sich selbst psychische Belastungen wahrnimmt. Konkret genannt werden Ängste, Depressionen und Aggressionen. Dr. Carolin Reinck führt aus, dass ein Grund unter anderem sei, dass Schülerinnen und Schüler sich in der Zeit wesentlich weniger bewegt haben und einen höheren Medienkonsum hatten. "Ängste und Aggressionen sind auch mit zeitlichem Abstand zur Corona -Pandemie noch sehr, sehr hoch bei den Schülerinnen und Schüler. Und wir müssen beides in den Blick nehmen", so Reinck.

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Zwei Kinder liegen auf einem Tisch in  einem Klassenraum und machen Schulaufgaben. © Screenshot
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Kinder lernen Umgang miteinander mit verpflichtendem Sozialtraining

Die Ludgerusschule in Vechta hat nun ihren eigenen Weg gefunden, um mit den Defiziten umzugehen. Sie haben vor allem beobachtet, dass die Kinder ihr ganzes soziales Leben durch die Corona-Jahre ins Digitale verlagert haben. Darunter leidet beispielsweise auch das Spielen in der Pause, sagt Dorothee Belling. Die katholische Oberschule hat nun eine verpflichtende Stunde Sozialtraining eingeführt, die mit der Schulsozialarbeitern stattfindet und nicht bewertet wird. Dort sollen die Kinder lernen, wieder mehr aufeinander zuzugehen. Weiterhin werden die Kinder mit einem Logbuch unterstützt, einer Art Tagebuch in dem sie ihre Ziele, soziale und schulische Erfolge und damit ihren Lernprozess festhalten.

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