Stand: 22.09.2020 07:41 Uhr

Müllsammelboote für saubere Meere

von Markus Plettendorff

In den Weltmeeren schwimmen Millionen Tonnen Plastikmüll und jedes Jahr kommen schätzungsweise zwischen 4 und 13 Millionen Tonnen dazu. Umweltschutzorganisationen, wie zum Beispiel Pacific Garbage Screening haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Vermüllung der Ozeane zu stoppen. Unterstützung bekommen sie dabei von einem Unternehmen aus dem niedersächsischen Haren an der Ems. Die NDR Info Perspektiven haben sich vor Ort ein Bild gemacht.

Zwei Müllsammelboote der Firma Berky aus dem niedersächsischen Haren an der Ems © NDR Foto: Markus Plettendorff
Die Müllsammelboote sammeln Plastik und anderen Unrat aus den Flüssen, noch bevor dieser in die Meere transportiert werden kann.

Eigentlich baut die Firma Berky Mähgeräte, mit denen Böschungen und Uferränder von Pflanzen, Algen oder anderem Bewuchs befreit werden. Die Idee, die Mähboote des Unternehmens zum Sammeln von Plastikmüll einzusetzen, entstand auf einem Stipendiatentreffen in Aachen, erzählt Geschäftsführer Felix Knoll: "Ich hörte zufällig jemanden über meine Schulter sagen, er sei in einem Verein aktiv, der Müll aus den Ozeanen und Gewässern der Welt sammeln möchte. Da habe ich mich umgedreht und gesagt: Ich arbeite in einem Betrieb, der solche Maschinen baut."

Slowakei: viel Müll innerhalb kürzester Zeit geborgen

So kam es zu einer strategischen Partnerschaft zwischen Berky und Pacific Garbage Screening (PGS), erklärt Tilman Flohr, Vorstand der Organisation: "Wir haben sehr schnell einen ersten Kontakt aus der Slowakei erhalten, der gefragt hat, ob wir eine Möglichkeit hätten, vor Ort an mehreren Standorten Plastik aus dem Wasser zu bergen." Für Flohr war das eine spannende Gelegenheit, die Einsatzfähigkeit des Müllsammelbootes CollectiX zu überprüfen. Über eine Crowdfunding-Kampagne wurde der Einsatz im August 2020 dann finanziert: "Und es funktionierte wahnsinnig in der Slowakei. Wie viel Müll wir da rausgeholt haben in kürzester Zeit - das war der Wahnsinn", schwärmt Felix Knoll.

Zehn Flüsse schwemmen Großteil des Plastikmülls an

Plastikmüll schwimmt im Meer. © NDR Foto: Lena Bodewein
Nur zehn Flusssysteme transportieren rund 90 Prozent des Plastiks weltweit.

Ihm geht es - genau wie Tilman Flohr von PGS - um weitaus mehr, als mit einem Vorzeigeprojekt die Einsatzfähigkeit eines Müllsammelbootes zu beweisen: "Wenn wir vor Ort zeigen können, dass man den Müll rausholen kann, ihn recyceln kann, damit Geld verdienen kann und Arbeitsplätze schafft, dann haben wir eine Win-Win-Win-Situation für die Umwelt. Und für die Leute vor Ort und auch für uns Menschen hier in Deutschland, die diese Technik entwickeln und bereitstellen." Berky sucht nun weitere Möglichkeiten zum Müllsammeln, nicht nur in Europa. Denn Plastikmüll in Flüssen ist in anderen Teilen der Welt ein weitaus drängenderes Problem als hierzulande. So transportieren nur zehn Flusssysteme rund 90 Prozent des Plastiks, das jedes Jahr aus Flüssen ins Meer gelangt. Acht davon sind im asiatischen Raum.

Müllsammelboot im Rohbau der Firma Berky aus dem niedersächsischen Haren an der Ems. Im Fordergrund ist das Förderband zu erkennen © NDR Foto: Markus Plettendorff
AUDIO: Müllsammelboote aus Niedersachsen (3 Min)

Problembewusstsein bei Behörden schaffen

Die Herausforderung ist hier weniger die Finanzierung der Projekte, als überhaupt erst einmal ein Problembewusstsein zu schaffen, sagt Tilman Flohr: "In Zukunft soll es so gedacht sein, dass solche Einsätze, wie dieser Piloteinsatz, nicht durch Spender finanziert wird, sondern durch lokale Behörden. Aber wir gehen auch gezielt auf Unternehmen zu oder Unternehmen kommen zu uns. Wir sprechen mit ihnen, wie man gemeinsam Mehrwert generieren kann."

Bei Berky in Haren jedenfalls sieht man in der Umwelttechnik Made in Germany großes Potenzial und freut sich über weitere Gelegenheiten, die Müllsammelboote einzusetzen: "Wir wollen hunderte Tonnen, tausende Tonnen Müll aus dem Wasser herausholen. Das sind unsere nächsten Ziele."

Weitere Informationen
Mario Rodwald auf der indonesischen Insel Ambon. © NDR/Sebastian Bellwinkel
ARD Mediathek

Plastik in jeder Welle - Surfen in der Müllhalde Meer

Kite-Europameister Mario Rodwald landet bei seinen Wettkämpfen immer häufiger im Müll. Video

Dieses Thema im Programm:

Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 22.09.2020 | 07:41 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Meer und Küste

Tiere

Umweltschutz

Schiffbau

Illustration: Zwei Hände umfassen eine Glühbirne © NDR

NDR Info Perspektiven: Auf der Suche nach Lösungen

In der Reihe NDR Info Perspektiven beschäftigen wir uns mit Lösungsansätzen für die großen Herausforderungen unserer Zeit. mehr

Müllsammelboot im Rohbau der Firma Berky aus dem niedersächsischen Haren an der Ems. Im Fordergrund ist das Förderband zu erkennen © NDR Foto: Markus Plettendorff
3 Min

Müllsammelboote aus Niedersachsen

Riesige Mengen an Plastikmüll in unseren Gewässern stellen ein immer größeres Problem dar. Mit speziell entwickelten Booten will ein Unternehmen aus Niedersachsen die Meere sauberer machen. 3 Min

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Elisabeth Fresen © NDR Foto: Claudia Plaß

Biobäuerin: Nachhaltige Landwirtschaft muss sich lohnen

EU-Subventionen an Landwirte sollten konsequent an Umweltauflagen geknüpft werden, fordert Biobäuerin Elisabeth Fresen aus Niedersachsen. mehr